Wäre ein Autobahnzubringer ohne Anschluss am Güterbahnhof eine Lösung?

Verschiedentlich ist von der Idee zu hören, man könne doch auf den unterirdischen Kreisel verzichten und den Tunnel stattdessen ohne Anbindung des Stadtzentrums einfach zur Liebegg durchführen. Die einen wollen so das Güterbahnhofareal retten, die anderen den schnellen Weg nach Teufen. Doch das ist keine Option.

Aktuelles Projekt links mit unterirdischem Kreisel, ohne Anschluss am Güterbahnhof rechts

Der Autobahnanschluss am Güterbahnhof mit dem unterirdische Kreisel und den beiden Ausgängen verursacht grosse städtebauliche Probleme. Dies ist auch im Schlussbericht zur Testplanung zu lesen. Die Kritik ist gross. Von Gegnern, aber auf von Befürworterinnen der Teilspange, ist nun die Idee zu hören, man könne doch den Tunnel ohne Anschluss dazwischen direkt zur Liebegg führen.

Vergleich Ausbau im Hätterenwald, mit und ohne Teilspange

Fazit aus dem Schlussbericht zur Testplanung: Übungsabbruch

Dagegen sprechen einige gewichtige Gründe. Ist das Projekt ohnehin wenig sinnvoll, so ist es ohne Ausfahrt im Güterbahnhof gänzlich unsinnig, denn der direkte Verkehr nach Teufen wäre zu gering.

Aus Prinzip

Kanton und Bund werden den direkten Tunnel schon alleine darum ablehnen, weil die Anbindung des Zentrums die Grundidee der Teilspange war, daher dieser Name. «Teilspange» ist der Rest der ursprünglich als Südspange gedachten unterirdischen Paralellautobahn vom Neudorf zur Sitterbrücke der A1.

Mehr zur Südspange

Diese finanziell und auch verkehrstechnisch völlig unrealisierbare Idee wurde 2012 verworfen. Stattdessen setzte man zur Engpassbeseitigung auf eine dritte Rosenberg-Röhre und jenen Teil dieser Südspange, welcher das Zentrum mit der A1 verbindet. Offiziell begründen dies Kanton und Bund mit der «Notwendigkeit zur Funktion der Engpassbeseitigung» – konkret. «Die Kapazitätserweiterung mit der 3. Röhre Rosenbergtunnel kann die volle verkehrliche Wirkung nur entfalten, wenn der Zubringer Güterbahnhof realisiert wird.» Im Detail braucht es sie, um die angeblich überlastete Kreuzung Kreuzbleiche-St.Leonhard zu umfahren und «einen Rückstau auf die Autobahn zu verhindern».

Inoffiziell ist dieser verkümmerte Südspangenstummel wohl auf Druck des damals aus FDP und CVP dominierten Stadtrats übernommen worden, um deren Idee, die Verlängerung um den Liebeggtunnel, zu realisieren. Weil der Bund diesen Teil nicht zum Nationalstrassennetz zählt, ist die Finanzierung Sache der Region.

Verkehrslage am 7.4.2022 gemäss Google Maps

Tatsächlich ist gemäss Live-Verkehrskarten selbst bei aktuell allabendlich überlasteten A1 kein Stau im Schorentunnel ersichtlich. Der Rückstau vom Anschluss an die Zürcher Strasse reicht nie bis zur Autobahn. Die Kapazität der Kreuzbleiche-St-Leonhardkreuzung liesse sich hingehen mit verhältnismässig geringen Kosten durch Reduktion der Verkehrsbeziehungen erhöhen, also auch ohne meine Kreiselidee von 2012.

Prinzipdarstellung eines Kreisels mit Entflechtung am Knoten Kreuzbleiche-St.Leonhard, mehr dazu hier.

Wenn der kürzlich beschlossene Velo- und Fussverkehrstunnel von der Lager-zur Militärstrasse um einen Aufgang zur Mitteinsel ergänzt würde, könnten die Fussgängerstreifen abgeschafft werden. Zugegeben, die Verbannung von Fussverkehr in die Tiefe ist unpopulär. Doch der Verzicht auf die Rot-Schaltungen des ÖV und des MIV wegen des Fussverkehrs erhöht den Durchlass der Kreuzung um geschätzte 20%.

Der Verzicht auf die Teilspange bis zum Güterbahnhof ist also prinzipiell und wegen Gesichtsverlusts nicht möglich.

Zu geringe Verkehrszahlen

Ohne die Verkehrszahlen im Detail zu kennen – das immer als Grundlage zitierte Verkehrsmodell liegt zur Zeit nicht vor – wäre ein Verzicht auf den Anschluss Güterbahnhof unsinnig. Der direkte Verkehr nach Teufen wäre zu gering. Da dieser Zubringer nur von und nach Zürich an die A1 angeschlossen ist, ergibt die Sache nur halb soviel Sinn. Es müssten also auch Rampen Richtung Osten erstellt werden.

Warum gibt es keine Rampen in Richtung Osten?

Vom Zubringer Güterbahnhof kann nur Richtung Zürich auf die A1 ein gefahren werden. Auch kann dieser nur von Zürich aus befahren werden. Der Abstand zwischen dieser neuen Autobahnverzweigung und dem bestehen den Anschluss Kreuzbleiche ist für die verkehrlich notwendigen Verflechtungs- bzw. Beschleunigungs- und Verzögerungsspuren zu kurz.

Situation  im Hätterenwald im Fall eines Vollanschlusses der Teilspange.

Machbar ist fast alles. Doch in diesem Fall haben die Planenden vor dem unverhältnismässig grossen Aufwand kapituliert. Nötig wären:

2): Eine zusätzliche Verbindungsrampe vom Feldlitunnel auf die A1 Richtung Rosenbergtunnel. Diese Spur kann aber erst nach der Ausfahrt Kreuzbleiche in die Autobahn münden (3). Trotzdem ist die Einfahrstrecke ziemlich kurz, weil danach noch die Einfahrt vom Schorentunnel folgt (4).

1): Die Verbindungsrampe vom Rosenbergtunnel zum Feldlitunnel würde wohl bereits zusammen mit der bestehenden Ausfahrt Kreuzbleiche beginnen und dann parallel zur Autobahn bis zum Portal des Feldlitunnels führen. Dazwischen ist die Einfahrt Kreuzbleiche im Weg.

In Tunnels darf es gemäss Astra keine Einmündungen geben. Somit müsste der Feldlitunnel – wie in der Projektstudie von 2014 vorgesehen, zweispurig geführt werden. Auch in der Gegenrichtung wäre dies von Vorteil, damit die Sortierung für die zur Auswahl stehenden Richtungen frühzeitig erfolgen kann. Nach aktuellen Normen kann in Tunnels auf Pannenstreifen nicht mehr verzichtet werden.
Diese zusätzlichen Ausbauten kosten, hochgerechnet aus der bekannten Summer der Engpassbeseitigung, zusätzlich 300 Mio. Franken. Die Teilspange mit Liebeggtunnel und unterirdischem Kreisel käme somit auf gegen 1.2 Mia. CHF zu liegen.

Eine weiter Krux wäre aber der unterirdische Kreisel. Er ist heute doppelspurig gedacht – was auch überirdisch für manche schon eine Fahrschwierigkeit darstellt. Wie funktioniert dieser Kreisel erst, wenn nun der Feldlitunnel bereits zweispurig in diesen führen würde?
Gemäss Aussage des Astra von 2012 ist dieser Kreisel ohnehin ein Sicherheitsrisiko. Mangels Alternative scheint man auf diese Problem zu pfeifen.

Unterirdische Kreisel als Sicherheitsproblem

Fazit

Auch aus verkehrstechnischer Sicht bleibt der Zubringer Güterbahnhof mit Liebeggtunnel ein Murks, der nur möglich ist, weil man Kompromisse eingeht und Normen biegt.

Neben allen, auf www.teilspange.ch genannten Argumenten, sind es nicht zuletzt die oben genannten Gründe, welche auch Autofahrende zu Zweiflern am Projekt Zubringer Güterbahnhof bzw. Teilspange werden lassen.

Infos über die Teilspange, den Zubringer Güterbahnhof-Liebegg

Situation im Hätterenwald im Vergleich

Hätterenwald heute

Gemäss Projekt «Engpassbeseitigung des Bundes

Verzicht auf die Teilspange

Teilspange mit Rampen Richtung Osten.

Grafiken und Bildmontagen: Markus Tofalo, Basis: Geoportal

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