Der Klimaschutz verlangt nach einer Energiezeitenwende: weg von fossilen Brennstoffen, hin zu mehr elektrischer Energie. Mit elektrischer Energie lässt sich alles bewegen, heizen und beleuchten, was bewegt, beheizt und beleuchtet sein muss. Nachhaltige Energie ist genug vorhanden, man braucht sie nur zu nutzen: Sonne, Wind, Wasserkraft, möglichst nahe gewonnen, am besten in und um St.Gallen. Unmöglich wäre das nicht. Eine PV-Anlage auf dem Dach macht jedes Haus zum kleinen Kraftwerk. Oder: warum nicht Solarenergie vom Gübsensee gewinnen?
Die aktuelle Energiekrise ist vordergründig den Folgen des russischen Angriffskrieg in der Ukraine geschuldet. Doch es wäre naiv zu glauben, sie wäre nicht irgendwann ohnehin eingetreten. Aus fossilen Energieträgern gilt es, auszusteigen. Die Schweiz hat bis anhin viel zu träge auf das Ja zur «Energiestrategie 2050» und zum Ausstiegsbeschluss aus der Atomenergie reagiert.
Dies liegt sicher am verbreiteten Unwillen, Windparks und Solarkraftwerke sowie neue bzw. erweiterte Wasserkraftwerke in die Landschaft zu setzen. Der Ausbau dieser sauberen Stromproduktionsanlagen wurde aber auch von Interessengruppen aus der Gegnerschaft zu besagten Volksabstimmungen aktiv be- und verhindert.
Es ist undemokratisch, sich der Umsetzung eines Volkswillens entgegenzusetzen und in der Folge den Verantwortlichen auf Bundes- und Kantonsebene Versagen vorzuwerfen, um so die eigenen Atomideen wieder aufs politische Tapet zu hieven.
Die Kernenergie ist im Vergleich zu fossilen Energieträgern sauber und klimafreundlich. Auch Greta Thunberg gibt AKWs gegenüber Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken den Vorzug. Allerdings ist der Uranabbau ebenfalls nicht unproblematisch. Und solange die Endlagerung des radioaktiven Abfalls – eigentlich solange solcher nicht vermeidbar ist – werde ich gegen Atomkraft sein – auch weil sie zu teuer und daher völlig unwirtschaftlich ist.
Ich befürworte hingegen die Forschung und Weiterentwicklung in diesem Bereich. Sollte es uns gelingen, in der Zukunft risikolose und nachhaltige Atomenergie zu gewinnen, kann doch nichts dagegen sprechen. In den 1990ern spielte ich oft «Sim City 2000». Die Energieversorgung gehörte ebenfalls zu den Aufgaben als Verantwortlicher dieser virtuellen Stadt. Der dauernde Zubau mit Kraftwerken war eine lästige Nebenaufgabe. 2040 hingegen wurde der Kernfusionsreaktor (Bild rechts (Maxis)) erfunden. Einer allein versorgt die ganze Stadt. Im Gegensatz zu herkömmlichen AKWs waren Unfälle ausgeschlossen. Könnte ja mal so kommen – ich will diese Entwicklung nicht verhindern, sie hat aber nicht oberste Priorität.
So schlecht sueht die Dachlandschaft mit PV-Anlagen doch nicht aus?
Bevor man sich an Klein- und Kleinstflächen macht, wäre es vernünftig, die wirtschaftlich interessanteren Grossflächen zu nutzen. Noch immer gibt es Industriehallen ohne PV-Anlagen auf dem Dach: Westcenter, Debrunner & Acifer, Werkhof Waldau, Güterexpeditionsgebäude, Gallus-Industriehallen, Athletikzentrum usw.
Nichts soll dagegen sprechen, wenn jemand auf seiner Liegenschaft eine PV-Anlage installieren möchte. Meinem Cousin wurde es nur erlaubt, auf der Nordseite seines Daches PV-Panels zu verlegen. Aus Gründen des Ortsbildschutzes wurde ihm die Nutzung der Südseite verwehrt. Unverständlich. Tatort ist die Gemeinde Berg SG. Sie ist nicht die einzige, die in dieser Beziehung negativ auffällt.
Beispiele von Photovoltaikanlagen auf St.Galler Dächern. (Bilder: Swisstopo)
Unser Kulturland ist für den Zubau mit Solaranlagen zu schade. Doch Autobahnlärmschutzwände oder Parkplatzdächer wie in Jakobsbad wären Standorte, die ästhetisch sicher nicht unter PV-Panels leiden würden.
Auch vorstellbar wäre eine schwimmende Anlage auf dem Gübsensee. Diese Idee kommt von meinem Parteikollegen Patrik Etschmayer. Ihre Umsetzung wäre ein weit geringerer landschaftlicher Eingriff, als das Anlegen des Stausees vor 100 Jahren.
Windturbinen bilden eine ideale Ergänzung zur Sonnenenergie. Wären die Winde auf den Hügeln um St.Gallen nicht so schwach, wäre ich ein grosser Befürworter solcher Anlagen.
Im Jahr 1900 wurde die Staumauer des Gübsensee als erste der Schweiz fertig gestellt. Genau so eine Pioniertat könnte eine Photovoltaikanlage auf dem See sein.
Für grosse Mengen eignen sich Pumpspeicherwerke und andere Anlagen, die auf dem Schwerkraftprinzip beruhen. Neben Gross- und Hausakkus kann aber auch auf vorhandene Akkus in Fahrzeugen zurückgegriffen werden.
Noch ein geringes Thema ist Power-to-X. Aus überschüssigem Strom kann Wasserstoff produziert werden. In Brennstoffzellen lässt sich dieser bei Bedarf wieder in elektrische Energie umwandeln.
Die zur Herstellung von Akkus benötigten Materialien sind teuer, schwierig zu beschaffen und umweltschädlich. Deren Entsorgung ist problematisch. Doch das ist die Gewinnung von Kohle, Oel und Gas und deren Verbrauch – CO2 – auch.
Die Entwicklung von leistungsstarken Batterien und deren Recycling hat erst richtig begonnen. Mit zunehmendem Einsatz wird die Wiederverwendung ihrer teuren Inhaltsstoffe auch marktwirtschaftlich interessanter, so dass es nicht nur bei der technisch möglichen Recyclingquote von 96 bis 98% bleibt. Diese wird künftig auch umgesetzt werden, weil Recycling günstiger wird als die Rohstoffgewinnung – alles eine Frage der Menge und der Rationalisierung. Für die ersten mit Benzin angetriebenen Autos war die Beschaffung des Kraftstoffs auch noch teuer und schwierig.
Zur Dekarbonisierung gehört der Aufbau einer breiten nachhaltigen und dezentralen Stromproduktion. Zu teuer? Die Schweiz gibt jährlich 9 Mia. Franken für den Einkauf fossiler Brennstoffe aus. Dieses Geld fliesst in die Kassen der undemokratischer Staaten, welche ihren verschwenderischen und klimaschädigenden Haushalt grösstenteils damit finanzieren. Diese 9 Mia. sind besser in eigene Kraftwerke investiert. Ich verweise auf einen Vortrag von Jürg Grossen.
Staudämme, Windparks und PV-Anlagen verschandeln unsere schöne Landschaft? In der Geschichte haben schon viele Neuerungen aus damaliger Sicht die Umgebung verändert. Im Gegensatz zu den ungelösten oder schädlichen Folgen von AKWs und fossilen Kraftwerken können Windparks oder PV-Anlagen ohne grösseren Schaden für die Landschaft rückgebaut werden. Was spricht gegen den Bau grosser Windkraft- und PV-Anlagen oder Staudämmen in den von klimabedingt durch Gletscherschwund entstandenen Geröllwüsten in den Bergen?
Wollen wir Versorgungssicherheit, müssen wir bauen. Die neue AKW-Lobby hat das Problem erkannt. Nur ihre Schlossfolgerung ist falsch. Die Stromlücke gilt es zu schliessen, aber nicht mit Kraftwerken, deren Realisierung vor 20 Jahren nicht möglich ist – wenn überhaupt. Neben dem Risiko und der fehlenden Wirtschaftlichkeit spricht auch das Klumpenrisiko gegen AKWs. Ein revisions- und störfallbedingten Ausfall verringert sich die Stromproduktion prozentual sehr stark. Die Stromversorgung könnte leichter ins Wanken kommen. Dagegen ist eine breite, dezentrale Stromproduktion weitaus sicherer.
Die vier Säulen einer sicheren Energieversorgung