Unter dem Titel «Mobilität 2040» haben der Hauseigentümerverband (HEV) zusammen mit der St.Galler TCS-Regionalgruppe, dem städtischen Gewerbeverband, der Wirtschaftsregion (WISG) und dem Raumplanungsbüro EER eine Studie zur Verkehrszukunft der Stadt St.Gallen verfasst.
Das Konzept sammelt gute Ideen. Bahn, Bus, Velo und Auto sowie der Fussverkehr werden gesamthaft betrachtet, in einer Art, wie es von diesen Absendern noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbar gewesen wäre, so dass ich mich noch 2016 zum Verfassen dieses Artikels genötigt sah.
Es ist richtig, sich über das gesamte Verkehrsvolumen Gedanken zu machen. Für jeden Weg, für jede Aufgabe das richtige Verkehrsmittel finden, ist der Ansatz. Im Zusammenspiel von Auto, Bahn, Bus, Velo und zu Fuss liegt die Lösung. Die Folgerung: Es braucht funktionierende, leistungsfähige Schnittstellen, wo das Verkehrsmittel gewechselt werden kann, die Studie nennt diese «Mobilitätspunkte».
und ein fliessender motorisierter Individualverkehr.
Dazu gehören gemäss Studie
Doch man könnte noch weit mehr integrieren. Ich habe dies im Beschrieb eines ausgebauten Bahnhofs St.Fiden gezeichnet:
In und um Bahnhöfe ist die höchst mögliche Verdichtung nicht unsinnig. Kurze Wege sparen nicht nur Zeit, sie schonen auch die Umwelt.
Das Hub-System wurde bereits in der IGöV Stadt St.Gallen entwickelt. Die Umsetzung ist nicht ganz einfach. Knacknüsse sind die nicht immer ideale Lage der Bahnhöfe, der benötigte Platz für die Bushaltestellen und die Gestaltung der Fahrpläne.
Diese «Mobilitätspunkte» wären
So sähe ein idealisierte Fahrplan für ankommende aus Zürich aus:
Animation: Markus Tofalo, Selica Media
Erfüllt die Kriterien bereits. Verbesserungsfähig wäre die Gestaltung des Bahnhofnordplatzes. Eine Car-Sharing und Park&Ride-Anlage könnte unter einem möglichen Turm auf dem SBB-Parkplatz eingerichtet werden, verbunden mit der Garage unter dem Fachhochschulturm. Die Einfahrt in der Klubhausstrasse ermöglicht eine autofreie Lagerstrasse mit einer «Plaza Mayor», wie in der Testplanung des Gebiets beschrieben.
St.Gallen Bahnhof Nord: Ergebnis Testplanung
Sind problemlos realisierbar. Für die Lustmühle bietet sich ein Park&Ride-Parkhaus an. Der Weg ins Zentrum ist Dank des Ruckhaldetunnels, des 15min-Takts und der Ausstiegsmöglichkeiten Hauptbahnhof, Marktplatz und Spisertor gar attraktiver als mit dem Auto – eine Idee der Grünliberalen aus dem Jahr 2015, die unverständlicherweise wenig Anklang fand. Noch weiter zurück, aus der Zeit der Projektierung der Autobahn, liegt die Idee eines Parkhauses über dem Schorentunnel inklusive Autobahnanschluss und ÖV-Anbindung ans Zentrum.
Darüber habe ich schon viel geschrieben. Die Unterführung führt direkt ins Einkaufszentrum mit Migros. Überdeckt mit einem 200m langen (und fast so breitem) Tunnel könnte hier ein Zentrum des Ostens geschaffen werden, das wiederum Heiligkreug-Langgass und St-Fiden-Krontal verbindet.
Bahnhof St.Fiden mit Überdeckung
Das Gegenstück ist der Westbahnhof, Haggen ergänzt mit einem verschobenen Bruggen-Bahnhof. Diese Idee ist ins Agglo-Programm aufgenommen worden. Die Realisierungschance ist nicht gering. Allerdings: Man kann unterhalb von Haggen eine lieblose Standard-Haltestelle setzen, oder – kombiniert – eine echten Westbahnhof aus den 2 SBB- und den 2 SOB-Gleisen errichten.
Zusammenlegung der Bahnhöfe St.Gallen-Haggen und -Bruggen
Prädestiniert als Anschluss des Fussballstadions und der Shopping-Arena. Bei nicht wenigen Stadien ist die Distanz zum ÖV-Anschluss grösser. Müsste nicht sein, aber wenn es sein muss, wehre ich mich nicht gegen eine (kostendeckende) Schwebebahn im Stil von Wuppertal, welche den Bahnhof mit dem Stadion verbindet.
Entscheidend für die Akzeptanz ist die Tür-zu-Tür-Zeit, die für die Wege einzuberechnen sind. Und diese sind mit aktuellen Fahrzeiten nicht in allen Fällen kürzer. Selbst mit schlankest möglichen Umsteigezeiten wird für viele Wege mehr, teilweise viel mehr Zeit benötigt.
Zeitliche Auswirkung auf Fahrzeiten bei Hubs im ÖV-Netz Stadt St.Gallen
Eine Lösung wäre der Einbezug des Velos. Dadurch könnte die Busdichte reduziert werden, wie sich dies die Verfasser der Studie «Mobilität 2040» vorstellen. Parkplätze an den Ausgangsbahnhöfen sind das Eine, Velosharing an den Zielbahnhöfen das andere. Noch besser wäre die Transportmöglichkeit der eigenen Räder. Velos sollten also unkompliziert in jeden S-Bahn-Zug verladen werden können. Dies erfordert den Bau neuer., leistungsfähiger Velotransportwagen.
Für eine Wagenöffnung dieser Breite müssten Rolltore entwickelt werden.
Die Umsetzung der wichtigsten Forderung der IGöV Stadt St.Gallen ist durch die dichte Trassenbelegung durch Fernzüge blockiert. Eine Studie, angeregt durch die IGöV, hat jedoch eine Möglichkeit zur Realisierung aufgezeigt. Allerdings müsste dazu der IC5 via Wallisellen fahren, also den Flughafen umgehen und dafür in Wil halten. Die dortige Umsteigemöglichkeit auf eine S-Bahn bringt kürzere Gesamtfahrzeiten für die Ziele Winkeln und Westbahnhof (bzw. Bruggen). Die Krux: Passagiere aus dem Westen mit dem Ziel Flughafen müssten den IC5 in Zürich HB verlassen. Doch was zählt mehr: eine kürzere tägliche Pendeldauer oder einmal jährlich eine schnellere Fahrt zum Flughafen?
Die erdrückenden Vorteile für die S-Bahn St.Gallen gingen bei der Berichterstattung über dieses Begehren des Kantons St.Gallen unter.
Während offizielle Stellen trotz Baus der grössten stützenfreien Halle der Deutschschweiz die Olma immer noch mit Bussen erschliessen zu gedenken, greifen die Verbände die Idee einer Haltestelle im darunterliegen Rosenberg-Bahntunnel auf. Schon Marcel Baur hat sie formuliert. Die Ausführung dürfte schwierig sein.
Artikel im "Kurzverbloggt" von Marcel Baur
Realistischer ist der Ausbau des Bahnhofs St.Fiden zum Messebahnhof bzw. der Anschluss mittels eines kurzen, direkten Weges, zwischen Bahngleisen und Autobahn hindurch.
Die Rede ist von «Schliessung von Lücken» und Veloschnellrouten – also nichts Neuem. Mehr braucht es aber auch nicht. Velofahrende können und sollen ausserhalb der Hauptstrassen auf dem gleichen Strassennetz rollen. Entsprechendes Fahrverhalten muss wieder vermehrt trainiert werden. Dass viele sich ohne Übung nicht auf Strassen getrauen und daher die völlige Entflechtung fordern, verwundert nicht.
Doch die Entflechtung würde an Grenzen bezüglich Kosten und Platz stossen. Auf Hauptachsen gibt es Radstreifen und für jene, denen es besonders eilt, sind die hindernisfreien Veloschnellrouten gedacht.
Nicht vergessen werden darf die Veloparkierung. Die Studie erkennt den aktuellen Mangel und will ihn mit leistungsfähigen Parkieranlagen, z.B. Velosilos beheben, inklusive Ladestationen. Gut so.
Genannt wird auch die Passerelle Unterer Graben, eine Verbindung, die für Velofahrende von Rotmonten zur Altstadt einen echten Mehrwert bringen könnte, wenn sie denn richtig ausgeführt wird.
Vorstoss der Grünliberalen im Stadtparlament
Mit einer Überführung regt man an, die Velos vom Bahnhof Richtung Kreuzbleiche und Lachen über diese dicht befahrene Kreuzung zu bringen. An dieser Kreuzung ist die konsequente Entflechtung sicher ausnahmsweise die richtige Lösung, weil sie ohnehin aus getrennten Wegen angefahren wird und weil nur dadurch die Grünphasen für alle Verkehrsteilnehmenden verlängert werden können. Eine Überführung ist günstiger als ein Tunnel. Aber sie ist nicht fertig gedacht. Die zu fahrenden Höhendifferenzen sind grösser, zumal die zuführende Lagerstrasse tiefer liegt als die Kreuzung. An die städtbauliche Wirkung darf gar nicht gedacht werden...
Vision: Kreuzung als Kreisel mit Entflechtung von ÖV, MIV, Velo- und Fussverkehr
Die Anbindung an Cargo Sous Terrain ist für die Wirtschaft wichtig . Die entsprechenden Hubs sollten zentral und gut erreichbar liegen, denn dort muss auf LKWs, Kleintransporter oder auch Lastenvelos umgeladen werden können. Das Güterbahnhofareal eignet sich besonders gut als Citylogistik-Hub. So würde das altehrwürdige Güterbahnhofgebäude wieder seinem ursprünglichen Zweck dienen.
City-Logistik mit Hub am Güterbahnhof
Richtig konzipiert, kann MIV abgebaut werden durch mehr Umstieg auf ÖV und Velo, die Einrichtung von Park&Ride-Anlagen an den Hubs und die Bündelung der Gütertransporte. Dies eröffnet Kapazitäten für den wirtschaftlich notwendigen MIV auf der Strasse. Doch der motorisierten Individualverkehr lässt sich nicht abschaffen, auch wenn er dereinst nicht mehr fossil angetrieben wird. Es wird immer Fahrten geben, die sich mit einem Auto effizienter erledigen lassen.
Auf einen Ausbau, und die damit verbundene Angebotserweiterung, welche wiederum die Nachfrage vom Pendlern und Freizeit-MIV erhöht, muss verzichtet werden. Die Teilspange Güterbahnhof ist ein Projekt nach dem Geist des vergangenen Jahrhunderts. Diese 800 Mio. Franken können besser investiert werden.
Teilspange Güterbahnhof-Liebegg
Die Probleme wurden erkannt, die vorhandenen Lösungsansätze sind richtig zusammengepuzzelt. Nun darf erwartet werden, dass sich die den Verfassern nahestehenden Parteien bei entsprechenden Vorlagen auch im Sinn dieser Studie verhalten.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass die ganze Studie auch vor dem Hintergrund und in dieser Form erarbeitet wurde, um die fragwürdige Teilspange Güterbahnhof zu legitimieren und in ein stimmiges Umfeld einzubetten.