Die Planung zur neuen Platztorkreuzung steht exemplarisch für das Denken der Verkehrsplaner, vor allem der kantonalen. Das vorliegende Resultat vermittelt einmal mehr den Eindruck, dass man erst am Ende des Planungsprozesses noch an Velofahrende denkt. Der Platz reicht nicht für alles, die Kosten werden zu hoch. Opfer des Kompromisses ist der Veloverkehr. Dass einmal mehr Velo- und Fussverkehr gemischt werden soll, ist unzeitgemäss und für beide Beteiligten völlig unbefriedigend.
Die Kreuzung wird komplett neu, doch viel ändert sich nicht. Es könnte anders sein, wie dieses Beispiel in Baden zeigt.
Wie könnten diese behoben werden?
Der unterirdische Platztorplatz
Zwei positive Punkte fallen auf: Der Winkel St.Jakobstrasse – Unterer Graben wird härter, was den Altstadtring besser akzentuiert und die neue Platztorkreuzung hat mehr Bäume. Im kurzen Abschnitt des Unteren Grabens kann sogar von einer breiten urbanen Allee gesprochen werden – fast breiter als lang… Diese beiden Aspekte gefallen mir sehr.
Velofahrende wurden aber vergessen. Gegenüber der heutigen Lösung ändert sich nicht viel. Zwar erhalten die Torstrasse und der Untere Graben separate Velospuren mit Velosack, seitens der St.Jakobstrasse geschieht aber nichts. Die Hauptverkehrsbeziehung für Velofahrende könnte St.Jakobstrasse – Goliathgasse sein. Die Betrachtung des Plans lässt aber den Schluss zu, dass es Torstrasse – Unterer Graben sein müsste. Natürlich freue ich mich über die Aufwertung des Unteren Grabens für den Veloverkehr. Tatsächlich fahre ich oft vom Unteren Graben zur St.Jakobstrasse und bin daher für die Linksabbiegespur dankbar. Wiederholt muss ich mir aber anhören, dass ich die Ausnahmen sei – und hier wird dies wohl so sein.
Konflikte zwischen Velo- und Fussverkehr sind vorprogrammiert. Die neue Kreuzung wird für Velofahrnde ein unübersichtlicher Mix aus Trottoir- und Strassenfahrten mit ungenügenden Warteräumen mit langer Aufenthaltsdauer.
Meine Behauptung, einige Verkehrsbeziehungen für Velofahrende wurden vergessen, ist eine Unterstellung von mir. Doch Radstreifen auf Trottoirs oder auf Gehwegen sind keine Option und darum zähle ich diese nicht! Warteräume vor Fussgängerstreifen ersetzen keine Velospur, die zusammen mit dem MIV grün geschaltet wird. Kein Platz? Den hat es sehr wohl, wenn man die Strasse um soviel verbreitert, wie man das Trottoir reduzieren würde. Zudem steht der Campus ja noch nicht.
Die orangen Velospuren sind geplant. Die roten ebenfalls, allerdings in Fussgängerbereichen. Diese liessen sich aber ohne zusätzlichen Platzverbrauch auf die Strasse verlegen. Die violetten Verkehrsbeziehungen werden in der aktuellen Planung ebenfalls via Trottoirs und Fussgängerstreifen abgedeckt. Um sie auf die Strasse zu bringen, wäre eine Verbreiterung der St.Jakobstrasse nötig. Diese ist durchaus möglich. Das würde nicht einmal viel mehr kosten!
Velostreifen unmittelbar rechts neben der jeweiligen MIV-Spur angeordnet ist üblich, Beispiel nochmals der Schulhausplatz Baden, siehe unten. Unsicher? Wer sich diese Verkehrsführung nicht zutraut, kann sich immern noch Velo schiebend zu Fuss bewegen.
Bild: Swisstopo
Auch für den Fussverkehr ist die Situation nicht befriedigend. Dieser wird mit dem Bau des neuen Unicampus zunehmen. Immerhin befindet sich die nächstgelegene ÖV-Anbindung mit allen Möglichkeiten 250m entfernt auf dem Marktplatz, unwesentlich weiter als die Haltestelle Schützengarten.
Eine hier platzierte Bushaltestelle ist nicht möglich und aufgrund der Nähe zum Marktplatz auch nicht nötig. Gemäss den "Verkehrstechnischen Abklärungen" des Ingenieurbüros Bieli GmbH (2017) wäre die in Frage kommende Linie 3 "evtl. mit vielen zusätzlichen Fahrgästen ‹überfordert› (insbesondere während Messen). Dieses Problem würde sich jedoch mit dem Messebahnhof St.Fiden lösen lassen.
Dass die aktuelle Fussgängerunterführung den kommenden Anforderungen nicht mehr entspricht, wurde erkannt. Ihre Erneuerung ist mit ein Grund zur Umgestaltung der Kreuzung. Ich war aber nicht wenig überrascht, als ich sah, dass sie nur um den Faktor 1.5 breiter als der bestehende Stollen werden sollte! Die Bedeutung dieser Passage kommt jener am Brühltor nahe und man plant lediglich ein etwas breiteres und höheres Loch als heute?
Angenommene Fussgängerbewegungen am Platztor gemäss "Verkehrstechnisches Abklärungen" von Ingenieurbüro Bieli GmbH (2017)
Wie ich bereits früher ausgeführt habe, würde ein tiefgelegter Platztorplatz die Goliathgasse mit dem Campusvorplatz zu einer Einheit verbinden.
Seitens Altstadt kann die Rampe auf der ganzen Breite soweit in die Länge gezogen werden, dass sie wenig als solche auffällt. Seitens Campus verlegt man den ganzen Vorplatz tiefer, so dass sich der Haupteingang auf dem Niveau der Passage befindet.
Schwieriger wird es mit dem Zugang von der Ecke Torstrasse-St.Jakobstrasse. Dort fehlt der Platz für Grosszügigkeit. Private Vorplätze müssten integriert werden, kompensierbar vielleicht mit Kommerzflächen im Untergrund. Verzichtet habe ich in diesen Visualisierungen auf eine Tieflegung des Veloverkehrs. Das wäre eigentlich sehr wünschenswert. Doch Konflikte mit dem Fussverkehr sind das eine – lösbare – Problem, die Rampen auf der St.Jakobstrasse das andere, wesentlich schwierigere.
Am Problem Rampen scheitert (neben den hohen Kosten) auch die Idee, statt des Fussverkehrs, die Autos in den Untergrund zu schicken.
Die obige Skizze ist in sich etwas widersprüchlich. An einem Abend allein lässt sich die Komplexität an diesem Platz nicht durchdenken. Es geht mir hier um Denkansätze. So wäre der Fussgängerstreifen über die Torstrasse natürlich überflüssig. Eine Veloein- und ausfahrt der Goliathgasse habe ich auch ausgelassen. Würde eine solche Passage am Platztor tatsächlich realisiert, könnte ich als Velofahrer auch damit leben, erst auf der Höhe des «Øya» in die Altstadt einbiegen oder rausfahren zu können.
Die Kosten sind das grösste Hindernis zur Realisierung dieser Idee. Doch im Vergleich zum gesamten Campusneubau erscheinen sie gering. Und anstatt für über 4 Mio. CHF Bahnüberführungen an Orten geringer Nachfrage zu bauen, wo zudem Alternativen vorhanden wären, könnte hier das Geld besser eingesetzt sein. Hier auf dem Platztorplatz – dieser Name ist ein Palindrom wie Seealpsee.
Die Platztorkreuzung heute. Priorität hat der motorisierte Individualverkehr. Die unschöne Ausrundung St.Jakobstrasse – Unteren Graben wird zurück korrigiert. Ansonsten wird sich gemäss Plan hier leider nicht viel ändern.
Eine breite Passage wird geradezu begünstigt, weil das Niveau des Vorplatzes tiefer als die Kreuzung liegt. Würde man ihn noch leicht tiefer undgeneigt legen, und die oben beschriebene Idee wäre mögich. (Bild oben: Kanton St.Gallen)
Erschliessung Uni-Campus Platztor
Grafiken: Markus Tofalo auf Basis von Orthofotos des digitalen Stadtplans und offiziellen Projektplänen.