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Vorwärts

Gedanken, Ideen, Meinungen und Senf von Markus Tofalo

Siebzigerjahredenken in der St.Galler Verkehrspolitik

In St.Gallen wird von einem zusätzlichen Autobahnanschluss geträumt. Durch einen Bypass soll der Schorentunnel umfahren werden. Der Bypass wird im Güterbahnhofareal ans untergordnete Strassennetz angeschlossen und durch einen weiteren Tunnel bis in die Liebegg in Richtung Teufen verlängert.gueterbahnhof kreuzung
Fotos und Grafiken: Markus Tofalo
Bild: Anschluss Güterbahnhof, Kreuzung Geltenwilenstrasse (zVg: SP St.Gallen)

Lesen Sie hier meine Antwort auf einen Leserbrief der Projektbefürworter, in welchem diese Visualisierung kritisiert wird.

Ich will nicht zu jenen gehören, welche generell in makribischer Arbeit und mit entsprechendem Zeitaufwand erstellte Pläne in fünf Minuten zerzausen. Die nun vorliegende Idee für einen Anschluss Güterbahnhof und Appenzell weist jedoch schon klare Mängel auf, darunter sind einige sicherlich auch einkalkulierte Kompromisse.

  • Der neue Bypass wird an die A1 nur in und von Richtung Zürich angeschlossen. Der Verkehr von und nach St.Margrethen braucht weiterhin den Weg durch den Schorentunnel und über die St.Leonhardsbrücke zu nehmen.
  • Auf der A1 Richtung Zürich kommt es inklusive aller Einfahrten und der 3. Rosenbergröhre zu einer Reduktion von 7 auf 3 Spuren. Die Sitterbrücke wird wohl kaum verbreitert...
    a1
  • Der Anschluss Güterbahnhof, gemeint ist die Aus- und Einfahrt Richtung Geltenwilenstrasse, müsste entgegen dem Plan wohl 2+2 ausgeführt werden, da Rückstau in Tunnels vermieden werden muss.
  • Die Rampe zur Geltenwilenstrasse darf nur 5% Steigung aufweisen. Dies ergibt eine grössere Fläche mit baulicher Einschränung
    laengsprofil
  • Das historische Güterbahnhofgebäude wird abgerissen, was eigentlich schade ist und auch dem Denkmalschutz widerspricht
  • Für den Veloverkehr ist irgendetwas zwischen Unterführung unter der Leonhardbrücke (was kaum Platz haben wird) und Anbindung dort vorgesehen. Für die Beziehung zur Davidstrasse oder Vadianstrasse ist das sicher keine Verbesserung.
  • Sowohl Fussgänger, als auch Velofahrende müssen an der Geltenwilen-/St.Leonhardstrasse wohl längere Rotphasen in Kauf nehmen. Bisher kommt man sogar für gewisse Beziehungen noch ohne Lichtsignal aus.

variante l auf luftbild
In den Plänen ist ein Kreisel mit Fly-under im Güterbahnhofareal zu sehen.

Die Realisierung dieses Projekts ist unwahrscheinlich

Das Bundesamt für Strassen ASTRA hat den Bau der 3. Röhre des Rosenbergtunnels zugesagt, sie ist im Engpassbeseitingsprogramm in Modul 2. Ein Bypass, also eine Spange zum Güterbahnhof wurde aber lediglich angedacht. Sollte der Bund diese überhaupt finanzieren, dann nur die ursprüngliche Variante. Diese besteht aus einem Tunnel mit 1+1-Verkehrsführung bis zum Güterbahnhof und dem Anschluss an die Geltenwilenstrasse. Mehr nicht. Da man aber eine Verlängerung Richtung Appenzell wünscht und den Güterbahnhof verständlicherweise andersartig nutzen möchte, hat sich die Spange zu einem Autobahnzubringer Teufen mit unterirdischem Anschluss St.Gallen-Güterbahnhof entwickelt. Und weil in Tunnel Spurredulktionen nicht gestattet sind, werden nun alle Tunnels mit zwei Spuren pro Richtung (also 2+2) geführt.
Darf es noch etwas mehr sein?

stgallen teilspange1einfahrt frontal
Vorgesehens Projekt (offizielle Grafik), rechts: mögliches Portal Geltenwilenstrasse

Anhand von Vergleichsobjekten lassen sich die Kosten für die nun vorliegende Variante schätzen bzw. hochrechnen. Ich komme auf gegen eine Milliarde Franken – ohne Rosenbergtunnel!
Es ist kaum anzunehmen, dass der Bund aus dem Topf von Modul 2, in welchem sich ca. 8 Mia. befinden, 1 Mia. Zusätzlich zur 3. Rosenbergröhre nach St.Gallen vergeben wird! Dazu besteht andernorts grösserer Handlunsgdruck. Bleibt also eine Mitfanzierung durch den Kanton. Dieser hat aber noch andere Strassenbauprojekte und Begehrlichkeiten: Umfahrung Wattwil, Autobahnanschluss Rorschach mit Kernumfahrung, Autobahnanschluss Wil-West... Abgesehen davon, dass es ein ziemlicher Kraftakt wäre, scheint mir ein Nein an der Urne sehr wahrscheinlich. Die beiden Appenzell würden ohnehin nein sagen, da sie erstens ebenfalls über zuwenig Geld verfügen. Und die Stadt... – eben.
Zudem: Beide Appenzell wünschen eine Nationalstrasse via Herisau mit A1-Anschluss im Gebiet Gossau-Ost. Wenn überhaupt, wird nur eines dieser beiden Projekte die Gnade des Bundes finden.

Die Projektbefürworter behaupten, die vorgeschlagene Lösung mit unterirdischem Autobahn-Zubringer lässt das Güterbahnhof-Areal weitgehend unangetastet, so dass städtebauliche Entwicklung möglich ist. Dies trifft auf die Zeit nach der Ausführung für 90% der Fläche zu. Aber bis dahin können 20 bis 30 Jahre verstreichen. Solange wird durch die Unsicherheit nichts geplant werden können.

In den Abstimmungsunterlagen bringt die Stadt zwei noch unrealistiere Varianten ins Spiel. Die darin erwähnte Variante A wird vom ASTRA verworfen, siehe in diesem Dokument, Seite 43. Die Variante ohne Kreisel wird im selben Dokument auf Seite 46 aus Kostengründen in Frage gestellt, eine mehr als nachvollziehbare Einschätzung.

Alternativen?

Könnte ein grosser, mehrspriger Kreisel, evtl. mit Flyover oder -under oder zusätzlich lichtsignalgeregelt an der Kreuzbleichekreuzung etwas bringen? Und zusätzlich eine neue Busführung vom Bahnhof unter dem Durchgang zum Nebenbahnhof durch, dann Rampe und Tunnel unter den Gleisen zur Nordseite, Rampe entlang der Lokremise, Lagerstrasse unter dem Knoten Kreuzbleiche durch und wieder hoch, bevor die Schleifen des Schorentunnels im Weg sind? Die Haltestelle Kreuzbleiche könnte man unter die Kreuzung legen. Eine grosszügige Öffnung in der Kreiselmitte könnte Tageslicht in die U-Bus-Haltestelle bringen. Der Bustunnel könnte im Bereich Lokremise auch tief bleiben. Das Ganze könnte auch zu einer kreativen Lösung für das «Problem Wiesental» und den Bereich Bahnhof Nord führen. Vielleicht führt dieser Denkansatz weiter. Kosten würde es mit Sicherheit weniger.

Zur Idee Umbau Kreuzung Kreuzbleiche-St.Leonhard

 

Die Stadt argumentiert ziemlich hilflos für das Projekt, siehe hier

 

Präsentation Medienkonferenz: Engpassbeseitigung A1 mit Anschlussbereiche Teilspange, 7. November 2014

St.Gallens ewige Autobahn(alp)träume, Artikel von Peter Surber im SAITEN.

Der Verkehr wird kaum so stark zunehmen, wie dies die Projektbefürworter prophezeien.

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