Die Schweiz ist ein Land, indem man grösstenteils gepflegt miteinander umgeht. Das zeigt sich auch in Talks am TV. Auch wenn mal laut wird – so ausufernd, wie dies im deutschen TV, vor allem bei privaten TV-Stationen, manchmal der Fall ist, ist es hierzulande selten. Ausser bei "SCHAWINSKI".
Umso wichtiger finde ich Interviewkonzepte wie jenes auf dem "Heissen Stuhl" der "Rundschau" und "SCHAWINSKI". Hier wird nicht um den Brei geredet, nicht gekuschelt wie im "Club", sondern gebohrt und zur Stellungnahme aufgefordert.Das ist gut so. Der Gast weiss das. Er kann und sollte sich darauf vorbereiten. Hier hat er die Chance, seine Sicht der Dinge darzulegen.
Diese Chance gab ROGER SCHAWINSKI auch dem Satiriker ANDREAS THIEL. Was bewog ihn zu seinem MOHAMMED-Artikel? Hat er keine Angst vor Reaktionen? Wollte er damit nur Aufmerksamkeit erwirken? Wer ist überhaupt dieser THIEL? Fragen, die die Öffentlichkeit interessieren. Und auch SCHAWINSKI.
Und genau darum schätze ich seine Sendung jeweils montags auf SRF1. Limitiert auf eine halbe Stunde liegen allein schon des Zeitdrucks wegen lange Umschweifungen nicht drin. Gesprächsleiter ROGER SCHAWINAKI unterbricht und führt den Faden wieder zur Mitte, sobald er von der Linie abweicht. Ein gelungenes Konzept. Es verlangt aber nach einem wachen, gebildeten und schnell denkenden Talkmaster. Von denen gibt's nicht viele in der Schweiz.
Das Konzept hat aber auch Schwächen. Und eine solche hat THIEL genutzt. Er stellt sich auf Gesprächsverweigerung, beantwortete Fragen nicht und provozierte SCHAWI schon bei der ersten Frage. SCHAWINSKI hätte am besten die Übung abbrechen sollen. Stattdessen vesuchte er, THIEL zu disqualifizieren, blosszustellen, griff ihn an und entgleiste, indem er beleidigend wurde. Er wurde Opfer seine Tempos, dachte wohl auch nicht mehr nach, sondern handelte impulsiv. THIEL beantwortete auch weiter die ihm gestellten Fragen meistens mit einer Gegenfrage oder einer Provokation – und blieb dabei stets ruhig. SCHAWI hingegen verlor ob dieser Strategie die Nerven.
Und nach der Show seinen Gegner mit Kraftausdrücken einzudecken geht gar nicht!
Für mich ist ANDREAS THIEL der Auslöser der Eskalation. Als Moderator trägt aber ROGER SCHAWINSKI die Verantwortung. So etwas darf nicht passieren. Darum nun aber SCHAWINSKIs Absetzung und das Ende seiner Sendung zu fordern, finde ich zu weit gegriffen. Die Alternative wären Talks wie die "Arena", wo die Gäste Parteiparolen schwingen oder das "Kassensturz"-Interview, in welchem Gäste jeweils die vorbereiteten Statements ihrer PR-Berater platzieren. Das kann es doch auch nicht sein, oder?