Der Ruf nach mehr Parkplätzen lässt nicht nach. Und das gilt nicht nur für die St.Gallen. Dass die freie Auto-Mobilität nicht funktionieren kann, habe ich im Artikel «Die Mobilitätsinitiative ist nicht umsetzbar», dargelegt. Die baulichen Strukturen unserer Städte sind aus dem Mittelalter gewachsen. Zwar lassen sich vereinzelt unterirdische Parkhäuser bauen. Den zusätzlichen Verkehr, den sie erzeugen, schöpft wiederum bald die Kapazität des Strassennetzes aus.
In Deutschland hat man nach den Kriegszerstörungen breite Strassenschneisen durch die Innenstädte gebrochen. Solche Pläne gab es auch in St.Gallen mit dem Generalverkehrsplan von 1966, dessen Massnahmen im mehreren Abstimmungen bachab geschickt wurden. Eine Autostadt wird offensichtlich nicht gewünscht.
Neuzeitliche Städte werden von Beginn an autogerecht gebaut. Beispiele findet man genug in den reichen Golfstaaten, aber auch in den USA. In mittleren und kleinen Städten kennt man weder Parkplatzmangel noch grosse Staus. Jeder kann von seinem Wohnort zum Einkaufen, zum Freizeitangebot oder zum Arbeitsplatz mit seinem Auto fahren und am Ziel parkieren. Doch dieses Autoparadies braucht Flächen, wie folgender Vergleich mit St.Gallen zeigt.
Tampa ist eine der grösseren Städte in Florida. Ihr Zentrum ist hingegen sehr überschaubar. Im Gegensatz zu unseren Innenstädten steht hier die Büronutzung klar vor Shopping und Freizeit. Dies findet man in den USA in grossen Retortenzentren an den Stadträndern. Im «International Plaza», einem grossen Einkaufszentrum am Rande Tampas, finde man einen «City Walk», der in seiner baulichen Struktur einer mitteleuropäischen Einkaufsgasse nachempfunden ist. Solches ist nicht selten in den USA.
Das andere Beispiel ist Springfield in Illinois, eine regelrechte US-Durchschnittsstadt. Platz ist genug vorhanden. Für die Parkierung sind im Luftbild Reserven ohne Ende sichtbar. Zu Fuss ist in solchen Städten nichts zu erreichen, die Distanzen sind viel zu gross.
Dagegen kann die St.Galler Altstadt mit ihren Gehdistanzen als ein einziges Einkaufszentrum gewertet werden.
Luftbilder und 3D-Ansichten: Google Earth
Für diesen Vergleich habe ich bei allen drei Städten jeweils eine gleich grosse Fläche im Zentrum ausgeschnitten. Die Bilder sind somit alle im gleichen Massstab.
St.Gallen: Hier werden vorwiegend unterirdische Flächen für die Parkierung verwendet.
Tampa: Es ist anzunehmen, dass die zahlreichen oberirdischen Parkhäuser in den unteren Geschossen noch anders genutzt werden.
Springfield, Illinois: An Fläche mangelt es nicht.
Fazit: Der Preis, den US-Städte für ihre Freiheit zu parkieren wann und wo sie wollen zahlen, ist hoch. Dem individuellen Verkehr steht in US-Städten doppelt soviel Fläche zur Verfügung wie dies in Städten hierzulande möglich ist.
Mit ca. 75'000 Einwohnern ist Rapid City in South Dakota vergleichbar mit St.Gallen. Das Stadtzentrum besteht aus Parkplätzen mit Geschäften dazwischen.
Ein Beispiel eines städtisches Wohnquartiers, wo jedem Bewohner ein Parkplatz zur Verfügung gestellt wird: Gimhae, Südkorea
In St.Gallen wäre ein solcher autofreundlicher Ausbau unmöglich, siehe hier.
Mag sein, dass die Gehdistanzen vom Parkplatz zum Ziel im Zentrum von St.Gallen länger sind, als in Tampa oder Springfield.
Im Vergleich zur Shopping-Arena sind sie etwa gleich.
Legt man den Grundriss Einkaufszentrums (rot im Plan unten) auf die Karte der Altstadt, so zeigt sich, dass die Länge der Shopping-Arena etwa gleich ist, wie die Distanz zwischen Oberem Graben und Burggraben.