Schon von Beginn an war klar, allseits befriedigend kann die Teilspange, ein Projektteil der «Engpassbeseitigung» St.Gallen, nicht werden. Dieses Projekt ist aufgrund der Gegebenheiten voller Kompromisse. Es ist ein einziger Murks, beginnend mit einem Halbanschluss an die A1, der nur die Richtung Zürich bedient, über die massive Einschränkung der Nutzung des Güterbahnhofareals bis zum unlösbaren Knoten an der St.Leonhard-Brücke. Der schwierige Baugrund sei nur am Rand erwähnt.
Man werde schon eine Lösung finden, hiess es stets, wenn man auf die Probleme zeigte. Das vorliegende Generelle Projekt zeigt nun – das mit der Lösung wird wohl nichts. Trotzdem wird es aus ideologischen Gründen vorangetrieben.
Seit die Idee einer «Engpassbeseitigung» in St.Gallen erstmals erwähnt wurde, verfolge ich dieses Thema. Die «Südspange» in den '0er-Jahren erwies sich als unrealisierbare Utopie. Nachdem das Astra dieser eine Absage erteilte, ertrötzelten deren Befüworter die Teilspange zum Güterbahnhof. Man müsse St.Gallen erreichbar halten, lautete die Begründung.
Doch auch die «Teilspange», offiziell heute «Zubringer Güterbahnhof» genannt mit der Verlängerung «Liebeggtunnel», hat ihre Tücken. Schon 2017 formulierte ich sieben Gründe, warum das damalige Vorprojekts nicht realisiert werden würde.Ich sei kein Ingenieur und solle auf jene Vertrauen, die sich auskennen. Sie werden schon eine Lösung finden.
In einem informellen Aperogespräch anlässlich der Projektpräsentation 2019 fragte ich damals Astra-Direktor Jürg Röthlisberger, warum denn ein unterirdischer Kreisel plötzlich kein Sicherheitsrisiko mehr darstellt, nachdem ein solcher 2014 vom Astra noch aus eben diesem Grund abgelehnt wurde. Man werden bis 2040 schon eine Lösung finden, war seine Antwort.
Eine ähnliche Antwort lieferte er auf die gleiche Frage am Kickoff zur Mitwirkung im November 2023, diesmal öffentlich. Und er ergänzte: «Dank intelligenten Fahrassistenten werde es keine Probleme geben.» Und danach schriftlich: Inzwischen wurde es «vertieft untersucht und durch eine Risikoanalyse beurteilt. Die Ergebnisse liegen dabei im zulässigen Bereich.»
Gleiches zum Knoten bei der St.Leonhard-Brücke. Es wimmelt im Generellen Projekt nur so von Problempunkten. Doch ob es um fehlende Warteräume für Zufussgehende, undurchdachte Veloführungen oder andere offene Fragen geht, man werde schon eine Lösung finden.
Die Voraussetzungen ändern sich ja nicht plötzlich. Ausser man leugnet, wie dies das Pro-Komitee «Unser Lebensraum» macht, das in seiner Visualisierung einfach Platz hermogelt (rot darin meine Kommentare).
Oben auf der Visualisierung von «Unser Lebensraum» finden Tunnelzufahrt und ein grosszügiger Gehweg mit üppigem Grünraum zwischen der historischen Elektro-Unterstation genügend Platz. Der offizielle Projektplan (2023) und auch meine Visualisierung von 2022 (unten rechts) zeigen die tatsächlichen Platzverhältnisse – und ein verkleinertes Stromhüsli.
Legt man das Generelle Projekt mit den unterirdischen Strassen (rot) über den Plan aus der Testplanung, erkennt man, dass für eine Bebauung und Bepflanzung nicht mehr viel Fläche übrig bleibt.
Tatsächlich reicht die geplante Überdeckung von Tunnel und Kreisel nicht, um darüber Bäume zu pflanzen, Gebäude sind schon gar nicht möglich.Darauf angesprochen, ist von Befürworterseite nur zu hören: Man werde schon eine gute Lösung finden...
Die Planung des Knotens bei St.Leonhard-Brücke wurde einseitig auf den MIV ausgerichtet, entsprechend sind Sortierspuren und Stauräume vorgesehen. ÖV, Fuss- und Veloverkehr hingegen wurden marginalisiert. Lange Wartezeiten, Mischzonen und Engstellen sind für sie die Folge. Hauptsache, für den MIV funktioniert es, für alle anderen wird sich noch eine Lösung oder ein Umweg finden.
Und dann wären da noch die berechtigten Bedenken, der neue Autobahnaschluss würde den Verkehr direkt in die Achse St.Leonhard-Strasse – Oberer Graben führen. Dabei soll diese doch eher entlastet und begrünt werden. Mit geeigneten Verkehrslenkungsmassnahmen werden man da schon eine Lösung finden...
Ich gehe an dieser Stelle nicht auf die vom Kanton prognostizierte Verkehrszunahme von 35.9% auf der St.Leonhard-Strasse ein (siehe Grafik rechts des Kantons). Um die erregten Gemüter zu beruhigen, weist man diese allerdings nur bis zur Pestalozzistrasse aus. Danach nimmt der Verkehr auf wundersame Weise ab... Auch der Verkehr auf der Davidstrasse scheint sich bei der Kornhausstrasse in Luft aufzulösen.
Als ich das erste mal von der 3. Röhre Rosenberg gehört habe, sah ich das Problem: Die Parkgarage unter der Olma Halle 9 liegt neben der Tunnelwand der bestehen Röhren. Es liegt also auf der Hand, dass das Untergeschoss weg muss. Man lachte über mich, als ich nach der Publikation der Pläne der neuen Olma Halle 1 darauf hinwies.
Mit Vertrauen in die Lösungsfindung kommt man nicht weiter. Das Elektro-Unterwerk wird gestutzt, Velofahrende kommen schlecht durch den neuen Knoten, Allee und Park wird man auf dem Güterbahnhof suchen müssen, das Stadtzentrum wird mit Autos geflutet und die Olma Halle 9 wird abgerissen – zumindest Teile davon.
Dieses Projekt ist aufgrund der Gegebenheiten voller Kompromisse. Es ist ein einziger Murks.
Es feut mich, dass nach Durchsicht der Stellungnahmen zur Mitwirkung inzwischen viele zur Einsicht kommen, dass die Projektunterlagen tatsächlich voller Widersprüche sind, dass Probleme ausklammert oder marginalisiert sind. Man erkennt, dass man wohl keine Lösung finden wird.
Von der Politik erwarte ich, dass die Erkenntnis von möglichen Problemen bereits im Frühstadium einfliessen. So könnten hohe Planungskosten verhindert werden. Doch stattdessen schaltet man auf Verdrängung und hofft, biegt, beschönigt und verdrängt. Man wird schon eine Lösung finden. Doch leider tut man das oft nicht – zumindest keine vernünftige.
Stellungnahme Grünes Gallustal
St.Galler Tagblatt: Die Gegner des Autobahnanschlusses Güterbahnhof zerzausen das Mammutprojekt
St.Galler Nachrichten: Der Teufel liegt im Detail
Verein gegen den Autobahnansschluss am Güterbahnhof