Als ob es keinen Klimawandel gäbe – der Kanton St.Gallen baut an seinem Strassennetz wie bisher. Die Schwerpunkte im Strassenbauprogramm 2024 bis 2028 liegen auf teuren Umfahrungen und kombinierten Rad-Gehwegen, welche den Fussverkehr gefährden und Velofahrende ausbremsen. Geht es nach mir, müsste das Strassenbauprogramm zur Überarbeitung zurückgewiesen werden.
Grundsätzlich ist auch vom Kanton ein Paradigmenwechsel im Strassenbau zu erwarten. Will man das Tempo senken, sind Fahrbahnverbreiterungungen und eine teure und platzverbrauchende Entflechtungen vom Veloverkehr das falsche Rezept. Stattdessen sollten die breiten Strassenschneisen durch Begrünung mit Bäumen und Stauden aufenthaltsgerechter und hitzemindernder gestaltet werden.
Die Studie "Günes Gallustal" hat hierzu gute Empfehlungen
LV-Massnahmen und "Verbesserung Langsamverkehr" dominieren die Projektliste. Hier besteht tatsächlich Nachholbedarf. Das neue Bundesgesetz über Velowege verlangt dies auch. Doch leider gehen viele Projekte in die falsche Richtung. E-Bikes und Fussgänger:innen darf nicht die selbe Fläche zugewiesen werden. Innerorts schon gar nicht. Die Stadt Bern hat diesen grundatz aufgenommen.
Aufgrund des Behindertengleichstellungsgesetzes müssen Bushaltestellen behindertengerecht umgebaut werden. Auch hier gibt es keine Einwände. Dabei sind oft Fahrbahnhaltestellen vorgesehen, weil Gelenkbusse viel grössere Buchten benötigen, bis sie parallel zum Bordstein stehen.
Viele Fussgängerübergänge müssen mit Schutzinseln ausgestattet werden. Diese teure Massnahme liesse sich durch Tempo 30 vermeiden. Eine Möglichkeit sind auch aufmarkierte Inseln. Diese benötigen keine Strassenverbreiterung.
Im Strassenbauprogramm enthalten sind auch ÖV-Projekte, die der Fahrplanstabilität dienen. Dagegen ist nichts einzuwenden.
Finanziell fallen Grossprojekte, Sanierungen und Strassenkorrektionen auf, ca. 70 an der Zahl. Manche davon sind völlig aus der Zeit gefallen. Auf teure und landverbrauchende Umfahrungen ist zu verzichten. Sie begünstigen die Zersiedelung.
So sollte Strassenbau innerorts heute aussehen
Der Kantonsteil dieses Grossprojekts umfasst den Liebeggtunnel und den Anschluss vom unterirdischen Kreisel Güterbahnhof zur St.Leonhard-Brücke. Der Liebeggtunnel nützt vor allem Teufen, Bühler und Gais. Weil die Kantonsgrenze aber kurz nach dem Tunnelportal zu liegen kommt, bezahlt AR nur eine halbe Brücke und eine Kreuzung.
Alles dazu auf der Website des Vereins gegen den Autobahnaschluss am Güterbahnhof.
Viel Landverbrauch am Rand oder gar in einem Naturschutzgebiet, aufwendige Kunstbauten und Kosten von wahrscheinlich über 350 Mio. Franken für die Erschliessung von ca. 6000 Einwohnerinnen und Einwohnern. (Bild: Kanton St.Gallen)
Wil West ist eigentlich eine gute Sache. Gewerbe und Industrie wird an einer gute erschlossenen Lage konzentriert. Die Notwendigkeit dieser Netzergänzungen gilt es aber zu überprüfen. Wichtiger wäre, dass vor Baubeginn von Wil West bereits ein ÖV-Haltepunkt existiert. Künftige Wil-West-Pendelnde (und -Bauende) sollen sich gar nicht erst an Autofahrten gewöhnen. (Bild: Kanton St.Gallen)
Sämtliche Hauptachsen in der Stadt St.Gallen sollen Radstreifen aufweisen. Das ist gut so und viel besser als kombinierte Rad-Gehwege oder eine bauliche Trennung von der MIV-Fahrbahn, die das freie Abbiegen oder das Überholen langsamer Velos behindern oder verunmöglichen.
Doch hier ist der Strassenraum begrenzt. Bäume und Parkplätze für das Gwerbe sind hier wichtiger als Radstreifen, denn mit der Kolumbanstrasse steht eine parallel führende Velostrasse zur Verfügung, deren Verwendung durch ihren Ausbau und dem Vortritt keinen Zeitverlust verursacht.
Studie zur Strassenraumgestaltung St.Jakob-Strasse & Langgasse, St.Gallen
In St.Gallen ist ein neuer Campus der Universität geplant (im Bild oben). 200m entfernt liegt der Marktplatz mit der nächstgelegenen ÖV-Haltestelle. Dazwischen befindet sich die dicht befahrene Platztorkreuzung. Geplant ist eine Unterführung von 6m Breite für 5000 Studierende und Personal, Passanten und Velofahrende. Das ist ungenügend und der Bedeutung der Universitöt nicht gerecht.
Zugang Universität-Campus Platztor ungenügend
Schon wieder das unliebsame L-Wort...Genug der Lecks bringen ein Schiff zum sinken. Durch Autobahnzubringer zu fahren, ist für manche Velofahrende unangenehm. Und weil es hier wenig Zufussgehende hat, könnte man mit einem Kombi-Geh-Radweg leben. Doch an den Knoten summieren sich die Wartezeiten, die Konflikte mit Fussverkehr und die Randsteinüberfahrten. Auf einer Autospur ist man einfach schneller. Das bleibt auch weiterhin erlaubt, aber da die MIV-Fahrbahn schmaler wird, droht Unverständnis von Autofahrenden.
Unverständlich ist eine Lichtsignalregelung für Velos bei der Hofzufahrt des Astra-Werkhofs. Lasst es doch bitte bei den bestehenden Radstreifen.
Hier soll ein Kombi-Geh-Veloweg innerorts angelegt werden, wo das Gefälle der Strasse jedes Velos 40 km/h oder mehr rollen lässt. Für Fussgänger ist das zu gefährlich, wenn Velofahrerinnen ihre Geschwindigkeit ausleben möchten. Unter Einbezug, dass hier eine Temporeduktion auf 30 km/h vorgesehen ist, erscheint das teure Projekt noch unsinniger.
Auf dem Bild sind die Markierungen für den Ausbau ersichtlich. Bäume müssen gefällt und Betonmauern verschoben werden.
Die Busspur ist nötig. Doch dass dafür die Strasse zwischen dem Naturmuseum und dem Neudorfplatz verbreitet werden muss, wäre vermeidbar. Stattdessen könnte der Fussverkehr ohne grossen Umweg durch einen Privatweg geleitet werden. geradezu lächerlich ist die Situation um den Fussgängerstreifen beim Naturmuseum. Weil gemäss aktueller Norm zwischen der Busspur und der MIV-Spur eine Schutzinsel gebaut werden müsste, was zusätzlich Land verbraucht, muss der Bus nach der Haltestelle Naturmuseum auf die MIV-Spur wechseln. Nach dem Fussgängerübergang beginnt dann die Busspur. Ein Fall für z.B. die Rubrik "Irrsinn der Woche" in der ARD-Satire-Sendung "Extra 3".
Symbolbild
Stellvertretend für andere ähnliche geplante kombinierte Geh-Radwege. Solche Lösungen "befreien" zwar die MIV-Fahrbahnen von lästigen Velos, sorgen aber für Unmut bei Velofahrerinnen und Fussgängern, denn für beide sind solche Mischzonen ein Dauerärgernis. Hier handelt sich um einen Abschnitt entlang des Bodensees mit entsprechend viel Veloverkehr. Diesen möchte man im Gegenverkehr zusammen mit Fussverkehr führen. Konflikte sind vorprogrammiert.
Velos gehören nicht miss Fussverkehr gemischt – Tücken der Veloverkehrs-Entflechtung
2023 war ein Kombi-Geh-Radweg von besagtem Kreisel durch Buriet in der Mitwirkung. Dieser führt durch den Wartebereich einer Bushaltestelle, was hoch gefährlich ist. Hier geht es um den Beginn desselben. Richtig ausgeführt, könnte man aus dem Kreisel mit ca. 20 km/h auf dem Weg einbiegen. Im Plan war aber eine Ecke zu sehen, die keinem fahrbaren Radius entspricht. "LV" wird umgesetzt...
Die Frage sei aber erlaubt, warum Velofahrende innerhalb von 500m angehalten werden können, 2 mal die Strasse queren zu müssen. Ein simpler gelber Radstreifen wäre da sinnvoller, selbst wenn es bei der Bahnunterführung eine kurze Engstelle hat. Kombinierte Geh-Radwege sind sowohl für Zufussgehende, als auch für Velofahrende keine Ideallösung, im Besonderen nicht innerorts. Zudem lauern unübersichtliche Hofeinfahrten, was ein entspanntes Fahren mit 20 bis 30 km/h zusätzlich verunmöglicht.
LV steht für den irreführenden Begriff "Langsamverkehr". Warum es diesen nicht gibt, hier.
Innerorts sind Kombi-Geh-Velowege noch weniger sinnvoll. Durch die bauliche Trennung von der MIV-Fahrbahn ist das Abbiegen auf die andere Strassenseite - und solches kommt innerorts öfters vor – erschwert bis verunmöglicht.
Velos gehören nicht an den Rand gedrängt
Als wären wir noch in den 1980ern. Im historischen und teilweise ortsbildgeschützten Dorfkern von Berg soll ein Haus einem Strassenausbau weichen, siehe Bilder oben, links der aktuelle Zustand, rechts ohne den "Engel", wie das Haus genannt wird. Hintergrund ist die grosse Belastung durch Schwerverkehr in Berg. Für das Gewerbe von Wittenbach ist "Arbon Süd" der A23 der nächst gelegene Autobahnanschluss. Weil die thurgauische Gemeinde Roggwil ein LKW-Verbot verhängt hat, rollen die LKWs nun durch die schmale Strasse von Berg.
Hier besteht ohne Zweifel Handlungsbedarf. Doch gilt es auch die Bedürfnisse des Fuss- und, vor allem, Veloverkehrs zu beachten. Für diese ist die Beziehung Oberbüren – Niederuzwil die wichtigste. Lange-Rotzeiten gilt es zu vermeiden – und den Mix muss Fussverkehr sowieso.
Das Volk hat leider zugestimmt. Schlecht finden darf man das Projekt trotzdem. Der Ist-Zustand ist nicht befriedigend. Ob es aber sinnvoll ist, den Verkehr derart umzuleiten, ist fraglich. (Bild: Kanton St.Gallen)
Der Knoten ist unüblich konstruiert, aber er funktioniert. Bitte nicht noch eine Lichtisgnalanlage!
Ich bin nicht prinzipiell gegen neue Strassen. Aus meiner Nicht-Gossauer-Sicht erscheint diese Strasse nicht unsinnig. Sie entlastet das Zentrum und führt der Verkehr von Flawil direkter auf die A1. Zudem könnte so auch ein Gewerbegebiet erschlossen werden.
Eine teure Tunnellösung wurde schon einmal abgelehnt. Die nächste steht an. Was oft nicht im Bewusstsein ist: unterirdissche Strassen brauchen Rampen, die in den Untergrund führen. Im Fall von Rapperswil wäre zumindest eine im Stadtzentrum. Prüfenswert wäre eine Grosskreisellösung, also ein Einbahnregime. Dadurch würde Platz frei für andere Verkehrsarten.
Wegen einer Schutzinsel muss eine vor zwei Jahren sanierte Strasse punktuell verbreitert werden, inklusive Landkauf und Versetzen von Gartenabschlüssen. Alternativ wäre auch eine aufgemalte Schutzinsel mit Pfosten möglich.
In diesem Abschnitt ist Tempo 30 vorgesehen. Es würde diese teure Massnahme obsolet machen. Ähnliche Beispiele gibt es andernorts. Von den ca. 50 Projekten für neue Schutzinseln lassen sich einige eliminieren, wenn das Tempo auf 30 km/h reduziert würde.
Aufgemalte Schutzinsel: günstiger und platzsparender
BGK steht für Betriebs- und Gestaltungskonzept. Gegen 40 solche Projekte sind in der 1. Priorität aufgelistet. Die Absicht ist, den Strassenraum aufzuwerten, mehr Raum für den Fussverkehr zu finden und sichere Radwege oder -streifen anzulegen sowie mehr Grün zu schaffen. Die ersten Studien sehen meistens gut aus. Doch die Projekte enttäuschen oft, wie das Beispiel Steinach zeigt.
Das Beispiel Steinach zeigt, wie eine gute Absicht in einem schlechten Projekt enden kann.
18. Strassenbauprogramm des Kantons St.Gallen
Fotos und Grafiken: Ohne andere Angabe Markus Tofalo, Plangrundlagen: Geoportall