Letzte Woche wurde der lang erwartete Bericht zur «Entwicklung St.Fiden-Heiligkreuz» des Stadtplanungsamts St.Gallen veröffentlicht. Das Resultat dieser «Gebietsanalyse aufgrund bestehender Grundlagen», erstellt von der Metron Raumentwicklung AG aus Brugg (AG), ist bodenständig und enttäuschend. Er entsprciht einem Plan von 2012: Verschiebung der Bachstrasse, Verschiebung und Vergrösserung der Mirgos, füllen der restlichen Flächen mit Wohn- und Gewerbebauten – Betonung auf Füllen.
Verdichten ist grundsätzlich richtig. Ich bin sogar für hohe Verdichtung. Aber dazwischen braucht es grosszügige Freiräume: Parks, Plätze oder auch Boulevards. Ausser eine paar Meter freigelegter Bäche ist im Plan von Metron nichts zu sehen.
Bevorzugte Entwicklungsvariante
Ein neues Quartierzentrum: Mein Projekt
Zwischen Bachstrasse und dem Bahnhofsgelände liegt eine grosse Brachfläche. Diese sinnvoll zu nutzen ist die Absicht.
So sehen die Planer eine mögliche Überbauung dieses Gebiets:
Dieses Bild zeigt die resultierende bevorzugte Entwicklungsvariante. Das 52-seitige Dokument «Entwicklung St.Fiden-Heiligkreuz» kommt zum Schluss, dass die Bachstrasse an die Grenze zum Bahngelände verlegt werden soll. Dies begünstigt die Erschliessung und schaffe der Migros die Möglichkeit, ihr Einkaufszentrum an diesem Standort zu vergrössern.
Wichtige Anmerkung: Mir fehlten Angaben zu Gebäudehöhen und Gestaltung, daher gibt diese Visualisierung die Absicht der Planer nur ansatzweise wieder.
Ähnliches habe ich schon vor Jahren gesehen. Der Verdacht liegt nahe, dass hier auf einer Migros-Idee aufgebaut wurde. Der Auftrag gilt als erfüllt, wenn es em Kunden gefällt.
Variante 5Bneu - Gewässervariante 3, MBK EBP, 2015 (Metron AG)
Dieses Szenario ist sicher die einfachst mögliche und bequemste Variante, möglich weise auch die realistischste. Hindernisse wird es nicht viele geben. Es greift die SBB-Parzelle nicht an, erfüllt die Migros-Wünsche und schafft Platz für Wohnen, Gewerbe und Verkehr.
Einen Preis für gelungene Stadtplanung kriegt man dafür nicht.
Die Idee habe ich detailliert schon hier vorgestellt und erklärt.
In der bevorzugten Entwicklungsvariante ist auch eine Überdeckung als Option erwähnt. Vom Verfasser wird sie bei einer hohen Ausnutzung als wirtschaftlich beurteilt.
Bild: Mögliche Überbauung einer Überdeckung gemäss Nüesch Development
Den Verfassern dieser Idee geht es darum, aufzuzeigen, dass eine Überdeckung finanzierbar ist, wenn darüber genügend dicht und hoch gebaut werden könnte. Einen Anspruch auf effektive Realisierbarkeit haben sie nicht. Eine solche wäre auch nicht denkbar:
Und daher unterstelle ich den Planverfassern bzw. Auftraggebern, mit dieser Maximalvariante aufzeigen zu wollen, dass eine Überdeckung ohnehin nicht realisierbar wäre.
Im Übrigen halte ich diesen Plan der Überdeckung Bahnhof St.Fiden von Nüesch Development durchaus für gut. Auch er verfügt über einen zentralen Platz, eine städtische Bebauung und Verbindungen über die Gleise. Ich wünsche mir aber mehr Bezug zu gewachsener Bausubstanz und mehr öffentliches Grün.
Die Freilegung der Steinach und Markierung mit einer Allee ist sehr zu begrüssen.
Der vorliegende Bericht bildet nun die Grundlage für die Testplanung. Man darf auf die Resultate gespannt sein. Eine Überdeckung ist möglicherweise visionär. Ich wünsche mir aber im Minimum:
Schon vor der Stadtverschmelzung 1918 war hier ein zentraler Platz geplant. Von dieser Idee wurden nur die Brücke und die Häuserzeile entlang der Lindenstrasse realisiert. Die alte Splügenbrücke wurde wegen der Autobahn Ende der 1970er abgebrochen.
Unten: Gleicher Standpunkt heute
Luftbilder und Grundlagen für die obigen Perspektiven: Google Earth
Dass man sich bei solchen Planungen am Möglichen orientiert, ist naheliegend. Schliesslich gilt es, sich an Normen und die Besitzstandswahrung zu halten. Bei meinen Plänen pflege ich, solche Vorgaben etwas zu strecken. Dabei gelangt durchaus auch die Kritik zu mir, immer noch zuwenig visionär und mutig zu sein. Ich habe aber auch den Anspruch, dass es, wenn auch etwas komplizierter, realisierbar wäre. Mit komplizierter meine ich den Einbezug von Landabtausch, Entschädigungen aber auch die Infragestellung von Normen und Gesetzen. Ich glaube, stets durchdachte Lösungen zu finden.
Damit will nicht gesagt sein, dass die in monatelanger Arbeit erarbeiteten Pläne und Papiere anerkannter Planer nicht durchdacht sind. Im Gegensatz zu den professionellen Arbeiten von Ingenieuren und Planern basieren meine Resultate auf einfach zugänglichen Grundlagen, Schätzungen und Handgelenk-mal-Pi-Zeichnungen – unwissenschaftlich also. Ich versuche, in möglichst wenigen Stunden meine Ideen zu erklären. Für tiefgründige Überprüfungen fehlt mir die Zeit. Wenn ich mit meinen Ausführungen dazu beitragen kann, festgefahrene oder – aus meiner Ansicht – falsch gerichtete Planungen zu überdenken, hat meine Arbeit einen Sinn.
Ich vermisse in den öffentlichen Planungen neue Ansätze. Ich wünsche mir, dass nach einer Fertigstellung nicht von verpassten Chancen zu hören ist und von lieblosen Zwecklösung geschrieben wird, wie aktuell beim Sonnenplatz Rotmonten, beim Bahnhof Nord, beim Riethüsliplatz oder so manchen neu erbauten Quartieren.
Wenn meine Ideen von dritten aufgegriffen werden, wenn sie Teil eines Prozesses bilden, Grundlagen für die Lösungsfindung sind, oder auch nach dem Ausschlussverfahren einen unmöglichen Weg aufzeigen, hat sich der Aufwand gelohnt.
Ich wünsche mir, dass bei Arealüberbauungen dieser Art die Chancen zur Schaffung neuer Stadträume wahrgenommen werden. Ich glaube. Hier bin ich nicht der einzige.
Markus Tofalo
Gebietsanalyse aufgrund bestehender Grundlagen, Stadtplanungsamt Stadt St.Gallen