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Vorwärts

Gedanken, Ideen, Meinungen und Senf von Markus Tofalo

Warum es eine Gesamtbetrachtung des Verkehrs in der Innenstadt braucht

2015 stellte ich mir erstmals die Frage, kann am Schibenetor vor dem Union nicht anstelle von 6(!) Spuren und 12 Parkplätzen nicht eine schöne Piazza unter Bäumen entstehen? Auch andere erkannten das Potential des Schibenetorplatzes. Die Grünen verlangten wenigstens die Streichung der Parkplätze von der «grünen Insel» und der Heimatschutz verfolgte die Idee, den Altstadtgraben aufzuwerten. Dass in diesem Zug auch die Durchfahrt durch den Unteren Graben vom Schibenertor zum Metzgertor in Frage gestellt wird, ist die logische Folge dieser Überlegungen.

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Die Verfasser der Studie «Grünes Gallustal» könnten sich den Untere Graben beim Schibenertor so vorstellen. Mehr dazu hier (Seite 21). (Bild: GSI Architekten)

Die Interpellation «Engpassbeseitigung Unterer Graben», eingebracht von den Fraktionen Grüne/Junge Grüne und SP/JUSO/PFG und auch die Studie «Grünes Gallustal» haben diese Idee wieder ins Gespräch gebracht. Der Grabenstich, also der Untere Graben zwischen Schibenetor und Metzgertor, ist vom Durchgangsverkehr zu befreien. Verkehrsplaner stellen sich dagegen. Dieser Bypass werde zur Entlastung des Blumenbergplatzes gebraucht.
Ich kann diesen Einwand nachvollziehen. Ein Rückstau auf den Knoten Schibenertor gilt es zu vermeiden. Die Appenzeller Bahnen – der ganze ÖV würden darunter leiden.

Die St.Leonhardstrasse soll ja auch aufenthaltsfreundlicher umgestaltet werden. Genau so der Obere Graben und der Schibenertorplatz.

Schibenertorplatz

Drei Varianten, wie ich mir den Schibenertoplatz vorstellen könnte:

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«Grünes Gallustal» sieht hier einen begrünten, naturnahen Platzpark. Dieser hat durchaus auch seinen Reiz. Mehr dazu hier (Seite 22). (Bild: GSI Architekten)

Damit am Schibenertorplatz eine Halbierung der Spuren möglich ist, müsste der ÖV von der Poststrasse auf die Banhofstrasse verlegt werden. So könnten drei Spuren gesamthaft genügen und diese Platzidee wäre realisierbar. Raum für Radstreifen hat es dann aber keinen. Velofahrende hätten am liebsten überall solche, um an stehenden Kolonnen vorbei zu kommen. Ich auch. Doch auch wir Velofahrenden müssen im dichten Innenstadtverkehr kompromisse eingehen. Velostrassen quer über Plätze sind nicht schön und würden wohl auch wenig beachtet werden.

Nachtrag 24.4.2022:

St.Gallen Oberergraben, Schibenertorplatz am Union, Unterer Graben
ÖV und Velo konzentiert auf der Achse Marktplatz-Bahnhofstrasse, Fussverkehrsübergänge bei mehr als 5000 Fahrzeugen pro Tag entweder mitz Zebrastreifen und Lichtsignal oder einer aufgemalten Mittelinsel in einem eingefärbten Bereich.

 

Und den gegebenen Verkehrsfrequenzen ist eine Umsetzung schwierig.

Grabenstich, St.Leonhardstrasse und Schibenertorplatz sind erst der Anfang. Wunsch ist die Verkehrsberuhigung der gesamten Innenstadt. Bewusst habe ich «Wunsch» geschrieben, nicht Ziel. Um ihn zu erfüllen, müsste das Problem grossräumiger betrachtet werden.

Doch wie lässt sich der Verkehr im Bereich zwischen Rosenbergstrasse, Altstadt und Geltenwilenstrasse reduzieren? Welche Folgen hätte das? Die Funktion des Zentrums des Stadt, des Kantons und der Ostschweiz darf nicht beeinträchtigt werden. Welche Ziele für den MIV befinden sich überhaupt in diesem Perimeter? Die mittelgrossen Parkgaragen Neumarkt, Rathaus und Manor sowie jene von Raiffeisen und Kantonalbank und die im Oberen Graben. Durchgangsverkehr kann von dieser Zone ferngehalten werden. Dies betrifft eigentlich nur Teufen, Bühler und Gais. Der Rest des Appenzellerlands ist über andere Route schneller erreichbar, wie jedes Navi belegt. Bleiben nur noch die Stadtquartiere St.Georgen und Riethüsli. Abriegeln lässt sich die Innenstadt also nicht. Hier befinden sich Geschäfte und die Coworkingplaces grosser Finanzdienstleister und Verwaltungen, wenn deren Mitarbeitenden nicht gerade im Homeoffice arbeiten. Loswerden kann man also nur den Such- und Balzverkehr. Das wäre aber schon ziemlich viel.

Die Staus werden durch Rotlichter erzeugt. Und diese dienen zu grossen Teilen dazu, eine Gegenfahrbahn queren zu können. Folglich sollten wir das Strassennetz so umgestalten, dass solche Situationen möglichst minimiert werden. Somit braucht es nur noch Lichtsignalanlagen für die ÖV-Bevorzugung – und gegenüber dem starken Fuss- und Veloverkehr. Ohne die genauen Verkehrsmodelle und -zahlen zu kennen, denke ich, können Einbahnringe Abhilfe schaffen. Die Idee eines grossen Zentrum-Einbahnrings hatten schon meine Parteikollegen Marcel Baur und Philipp Schönbächler sowie Thurgauer Grünliberale für Frauenfeld.

Ich könnte mir mehrere kleine Einbahnringe vorstellen, optimiert auf die wichtigsten Verkehrsbeziehungen. Natürlich führen solche Ringe zu mehr Fahrkilometer. Doch diese sind flüssiger und darum wohl auch weniger belastend für die Umwelt. Ich verzichte an dieser Stelle darauf, Skizzen solcher Ideen zu zeigen. Dazu müssten Verkehrszahlen studiert und Verkehrsmodelle gerendert werden. Die Ausarbeitung ist schwierig und zeitintensiv. Die Gefahr, ohne tiefes Studium von Zahlen daneben zu liegen, ist gross. Ich biete mit anderen Ideen bereits genug Angriffsfläche.

Grundsätzlich halte ich eine Verkehrsreduktion für möglich. Dafür spricht, dass die wichtigsten Ziele für den motorisierten Individualverkehr im Zentrum St.Gallens sich ausserhalb dieser Zone befinden: Die gossen Parkgaragen Brühltor, Untere Graben (UG25) und Burgraben sowie die Vorfahrt zum Hauptbahnhof. Auch ein funktionierendes Parkleitsystem könnte dafür sorgen, dass weniger in diesen Bereich steuern. Absolut schädlich ist ein Autobahnanschluss Güterbahnhof. Ein solcher würde sogar Verkehr in die Innenstadt spülen, dessen Ziele sich über den Anschluss Kreuzbleiche direkter und schneller erreichen lassen.

Ziele im Zentrum St.Gallens – keine Teilspange


Nur weil es schon immer so war...

Die Frage stellt sich, wie würde man den Verkehrsfluss anlegen, wenn die Leinwand noch weiss wäre. Ist etwas gut, nur weil es schon immer so war? Die Fahrt durch den Unteren Graben ergab sich, weil der Blumenbergplatz damals noch durch die Bahnlinie, das Grabenschulhaus und andere Bauten verstellt war.

stgallen schibenertor unterer graben 1883
1883 (Amtliche Vermessung (AV), Stadt St.Gallen)

Was ohne grosse Kostenfolge möglich wäre ist, den Grabenstich temporär zu sperren, um die Auswirkungen 1:1 zu testen. Dies sollte aber nicht im Sommer oder einer anderen Ausnahmezeit erfolgen.

 

«Engpassbeseitigung Unterer Graben» im Stadtparlament

«Grünes Gallustal», Altstadtbild

Umgestaltung St.Leonhardstrasse

Piazza am Schibenertor

Als noch Busse durch den Unteren Graben fuhren und vor dem Neumarkt noch eine Allee war.

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