Im Zusammenhang mit dem Bau des neuen Universitätscampus der HSG soll die Kreuzung Platztor umgebaut werden. Auch die bestehende Unterführung soll grösser dimensioniert werden. Doch sie bleibt verhältnismässig schmal und wird weiterhin isloiert betrachtet werden. Ich bin überzeugt, dass die Verfasser des Siegerprojekts eine gute Lösung zur Integration einer Platztorpassage in ihr «Haus im Park» finden könnten.
Das Siegerprojekt ist kompakt, aber gross. Nachteil: Viele innenliegenden Räume, riesige Fassadenflächen. Gross sind auch die anderen eingereichten Projekte. Könnte es sein, dass das geforderte Raumprogramm mit den Gegebenheiten an diesem Ort schwierig umzusetzen ist? Hätte man das mit einer Testplanung merken können?
Wenn nun eine neuer Wettbewerb ausgeschrieben werden muss, ist darauf sicher zu achten – und auch auf bessere Zugänge.
Grafik: Pascal Flammer, dipl. Architekt ETH / SIA / Kanton St.Gallen; Passage-Ergänzung: Markus Tofalo
Das Siegerprojekt des Architekturwettbewerbs zum Bau der Erweiterung der Universität St.Gallen HSG liegt vor. Es überzeugt durch viel Transparenz und Grünraum sowie durch die kompakte Form. Die meistbefahrene Hauptstrasse des Kantons trennt den Neubau für 3000 Studierende plus viele Lehrende und weitere Mitarbeitende, total gegen 5000 Personen, jedoch vom Zentrum ab und setzt ihn gefühlsmässig in die Vorstadt.
Als mein Parteikollege Marcel Baur und ich uns im Sommer 2020 gegen die Absichten des Kantons St.Gallen über den Neubau der Unterführung Platztor aussprachen, wurden wir im Tagblatt belächelt und für unser Vorpreschen zu einem angeblich nicht spruchreifen Plan aus Ausschreibungsunterlagen mit einem Bären «ausgezeichnet». (Bild rechts: Tagblatt)
Doch warum sollten die Angaben im «Technischen Bericht Unterführungen Platztor und Magniberg» vom 18.4.2018 der Bauingenieure Grünenfelder & Lorenz AG falsch sein? Immerhin war dieser Bericht Bestandteil der «Ausschreibung «Kantonsstrasse Nr. 2 und 3, St.Gallen: Umbau Platztor, bestehend aus den Teilprojekten; B01.1.003.018.100 Umbau Platztor, Strassenbau (SB) / B01.1.003.018.200 Umbau Platztor, Neubau Unterführung (UF)» und Bestandteil des Wettbewerbsprogramms des Architekturwettbewerbs zum Universitätscampus Platztor. Bild rechts: Querschnitt der vorgesehenen ca. 50m lange Unterführung (Plan: Grünenfelder & Lorenz AG)
Doch man hält es nicht für nötig, einen dieser Zahl und der Bedeutung entsprechende Erschliessung vorzusehen. Die bestehende Fussverkehrsunterführung unter der Platztorkreuzung wird lediglich leicht erweitert – sie bleibt somit eine Höhle ähnlich einer Bahnunterführung in einem Agglovorort.
Der Standort für diese Erweiterung der Universität ist anekanntemassen ideal: zentral, am Rand der Altstadt und nahe am attraktiven ÖV-Knoten Marktplatz. Die Distanz zum Bus ist somit kürzer als mancher Weg, der oben am bisherigen Uni-Standort zu einer Bushaltestelle zurückzulegen ist. Die Unterführung Platztor wird somit der wichtigste Zugang zur neuen Uni sein – und zum Nadelöhr werden.
Bezieht man noch ihre Funktion als Zufahrt zur Velogarage mit 600 Plätzen ein, müssten die Alarmglocken läuten.
Am Platztorbraucht es eine Passage
Ruprecht Architekten GmbH zeigen in einer Skizze zu ihrer Eingabe «Urbanite» verständlich die Bedeutung dieser Unterführung auf. Sie ändern zwar an der Breite nichts, bilden die Abgänge jedoch trichterförmig aus.
Eine massive Aufwertung der Unterführung zu einer echten Passage ähnlich jener am Brühltor würde den kommenden Verhältnissen an diesem Ort gerecht. Für den Neubau des Campus werden vom Kanton St.Gallen ca. 200 Mio. Franken budgetiert. Ohne jetzt einen allzu verschwenderischen Eindruck erwecken zu wollen, sollten doch noch ein paar Millionen für einen standesgemässen Zugang drin liegen, würde man denken.
Beim Siegerprojekt «Haus im Park» des Zürcher Architekten Pascal Flammer wäre die Umgestaltung des Unterführungsabgang in einen geneigten Platz durchaus möglich.
Die Gegebenheit, dass das Erdgeschoss des Campus tiefer als das Strassenniveau der Kreuzung liegt, begünstigt eine fliessende Platzgestaltung vom Eingang des Campus zur Platztorpassage, siehe Möglichkeit im Bild unten.
Grafik: Pascal Flammer, dipl. Architekt ETH / SIA / Kanton St.Gallen; Passage-Ergänzung: Markus Tofalo
Eingesetzte Stufen können Plattformen für Sitzgelegenheiten oder Bistrotische schaffen. Der Abgang wäre nicht mehr als solcher erkennbar, ähnlich der Situation beim Schulhausplatz Baden (Bild unten).
Unter dem Schulhausplatz Baden befindet sich mehr als eine Passage.
Standort und Ausführung der umgebauten Unterführung waren als Teil des Wettbewerbsprogramms den teilnehmenden Architekten bekannt. Will man einen Architekturwettbewerb gewinnen, hält man sich möglichst an die Vorgaben. Dies erklärt auch, dass sich die meisten mit diesem ungenügenden Zugang arrangiert haben.
Und doch haben sich einige über diesen Zugang über das Minimum hinaus Gedanken gemacht.
Die Arbeitsgemeinschaft Gigon/Guyer AG und Ghisleni Partner AG haben in ihrem Projekt «Zwanzigzwanzig» die Unterführung gegen die Seite Uni einfach verbreitert. Der Zugang führt direkt ins Gebäude.
Auch die Schöpfer von «Pavone», Oestreich + Schmid GmbH Architekten SIA / BSA aus St.Gallen, haben verbreitert und für einen attraktiven Abgang auf Uniseite gesorgt.
Grosszügig planten Pfister Schiess Tropeano & Partner Architekten AG aus Zürich. Sie erkannten das Potential eines unterirdischen Zugangs zur Uni direkt aus der Unterführung und sahen zugleich zwei Aufgänge sowie (viele andere auch) einen unterirdischen Zugang in die Velogarage vor.
Die Freiraum Baumanagement AG aus Zürich schlägt eine Trennung von Velo- und Fussverkehr mit sogar räumlich getrennten Rampen in der Unterführung vor. Die Idee eines direkten Zugangs zur Velogarage aus der Unterführung hingegen kommt in manchen Eingaben vor.
Auch wenn die Integration von Velos zu würdigen ist, für den Velodurchgangsverkehr reicht der gegebene Stollen nicht. Und die in diesem Projekt vorgesehenen Radien sind eher eng bis unfahrbar.
Eine sehr velofreundliche Idee. Enzmann Fischer Partner AG aus Zürich setzen die Velogarage in ihrem Projekt «Rubik» zwischen die Zugänge der beiden Unterführungen Platztor und Blumenaustrasse. «Rubik» erreichte den 3. Rang.
Der Vorstellung einer Passage unter dem Platztor kommt die Lösung «Platz-Tor» von Szypuraarchitects Ltd aus Küsnacht am nächsten. Über eine grosszügige Rampe auf der Seite Goliathgasse gelangt man via eine breite Passage direkt auf die tiefgelegene, aber tageslichtbeflutete Piazza im Innenhof des Campus.
Wie disloziert man zwischen dem Platztor und dem Girtannersberg? Die Lösung: eine «HSG-Bahn».
Thomas K. Keller Architekten aus St.Gallen haben in ihrem Beitrag «Universal» im Untergeschoss gar die Talstation für eine «HSG-Bahn», einer Standseilbahn zur Universität in Rotmonten oben, eingeplant. Vielleicht wurden sie wegen dieser «groben» Abweichung vom Wettbewerbsprogramm schon in der ersten Runde aussortiert.
Die Idee, die beiden Uni-Standorte mit einer Bahn zu verbinden, liegt nahe. Umso erstaunlicher ist es, dass im Wettbwerbsprogramm nicht die Option für einen späteren Bau wenigstens vorgegeben wurde. Gut möglich, dass man diesen Fehler dereinst bereuen wird...
Verbindung der beiden Unistandorte mit einer Rolltreppe?
Die Visualisierung des Projekts «Ordnung und Freiheit» der Berner Architektin Andrea Roost zeigt, mit wie viel Passanten an diesem Ort zu rechnen ist.
Bericht des Preisgerichts Campus Platztor
Das Siegerprojekt ist erkoren, nun kann die Detailplanung beginnen. Noch ist es möglich, das erweiterte Umfeld einzubeziehen. Wie auch Marcel Baur in einem Artikel feststellt, wird dies wohl in der gewünschten Form nicht geschehen.
Leider werden in St.Gallen Projekte oft nur isoliert betrachtet. Man hält sich stur an Projektperimeter.
Beispiele sind:
Ist es so unmöglich, über Tellerränder hinaus zu blicken?
Pläne von den jeweiligen Planverfassern
Zum Universitätscampus von der Kantonsschule am Burggraben, Theaterplatz via Parkallee