PEDRAZZINI Boote
Gleiten, nicht reiten
Heutige Technik, Eleganz vom Feinsten und das Lebensgefühl der '50er- und '60er Jahre, vereint in den Runabouts von Pedrazzini das Etwas, was sie von anderen Booten abhebt.
Claudio Pedrazzini fertigt in Handarbeit Luxusboote am Zürichsee. Er führt den Familienbetrieb in der dritten Generation. Seine Runabouts sind begehrt. Eleganz und Technik, italienisches Design und Schweizer Präzision zeichnen sie aus.
Eine Freitagmorgen im Mai, einer der wenigen Tage, an welchen der Regen des vergangenen Frühlingmonsuns kurz aussetzt. Wir fahren nach Bäch im Kanton Schwyz. Hier an der Südküste des Zürichsees, mitten im Dorf, hinter der Fassade eines unscheinbaren Gewerbegebäudes, werden Boote gebaut. Keine einfachen Boote, es sind aufwendig gefertigte, schnelle Edelholz-Motoboote, gefertigt mit viel Liebe zum Detail, sogenannte Runabouts.
Ein Runabout ist ein offenes Sportboot, ein Wasserflitzer mit zwei bis acht Sitzplätzen. Das Vorderdeck ist geschlossen, hinten lädt einer Liegefläche zum Sonnenbaden ein. Ihr Anblick erinnert oft an alte Filme mit grossen Stars. Das kommt nicht von ungefähr, war die Blütezeit dieser Luxusboote doch in den 1950er- und '60-erJahren. Sie dienten als Wasserski- und Vergnügungsboote für die oberen Zehntausend.
Wir werden von Claudio Pedrazzini begrüsst. Er zeigt uns den Betrieb. In der grossen Halle wird gleichzeitig an mehreren Booten geschliffen, geschraubt und poliert. Alles von Hand. Mir wird klar, es ist nicht nur das weisse Leder der Sitze und Liegen, das Chrom der Instrumente und Handgriffe oder das Mahagoniholz, welches den hohen Preis dieser Runabouts bestimmen. Es ist die Arbeitsweise, die Handarbeit dieser Fachleute, welche diese eleganten Stücke mit viel Liebe zum Detail bauen. Das braucht Zeit – viel Zeit. Über Tage hinweg wird der Rumpf gefertigt, über Wochen entsteht Stück für Stück die Schale aus Mahagoni
holz. Die Stückzahl ist denn auch gering. Während des Rundgangs erklärt uns Claudio Pedrazzini die Philosophie der Marke Pedrazzini: «Pedrazzini steht für qualitative hochstehende Arbeiten, zeitloses Design, pure Eleganz und kraftvolle Motoren. Typisch für Pedrazzini-Boote sind die viele Chrombeschläge und anderen Details, welche hohe Wertigkeit ausstrahlen.» In seinem Wortschatz mangelt es nicht an adjektiven, welche den hohen Level seiner Produkte beschreiben.
Begonnen hat alles 1906. Bootsbauer Augusto Pedrazzini zog vom Lago di Como an die Gestade des Zürichsees. Hier in Bäch erfüllte er sich den Traum einer eigenen kleinen Werft. Aus anfänglichen Ruderbooten für Fischer wurden Segeljollen und später Segeljachten. Dabei legte der Italiener stets Wert auf ausgefeilte Details, auf hohe Qualität, Langlebigkeit und die Verwendung edler Materialien. Er führte seinen Sohn Ferruccio ins Geschäft ein. Dieser studierte in den 1930er-Jahren Nautik und Design in Livorno, bevor er die Werft übernahm. Mitte der '50er-Jahre modellierte und baute Ferruccio Pedrazzini die erste Super Leggera, ein damals äusserst beliebtes kleines Sportboot mit Aussenbordmotor. In dieser Zeit entstand nach seinen Plänen auch das Capri Super Deluxe, jenes Runabout, das den heutigen Pedrazzini-Motorbooten seine charakteristische, klassische Form verleiht.
Wie sein Vater und sein Grossvater ist auch Claudio Pedrazzini gepackt von edlen Booten, Wasser und Geschwindigkeit. Ihn fasziniert am Bootsbau, wie «wir aus einem Holbrett nach einigen Monaten Bauzeit ein fertiges hochglanzlackiertes Holzboot einwassern, probefahren und einem glücklichen Kunden übergeben dürfen», sagt Pedrazzini nicht unstolz über seine Arbeit und die seiner Mitarbeitenden. Seine Augen glänzen, wenn er von seiner Leidenschaft spricht.
Gebaut wird nur auf Bestellung. Pedrazzini führt drei Modelle: das funktionale «Capri», das klassische «Vivale» und das elegante «Special», das kaum Wünsche offen lässt. Es ist über 10 Meter lang und schafft eine Geschwindigkeit von 40 Knoten, das sind 75 km/h.
Im Westen spiegelt sich die Abendsonne über dem Zürichsee, während wir vor Pedrazzinis Steg ablegen. Claudio Pedrazzini persönlich demonstriert mir ein Vivale. Es entspricht in seiner V-förmigen Grundform den Booten der 50er-Jahre. Und während der Capitano Gas gibt, fühle ich mich wie Bond zwischen Split und Venezia. Sanft, aber bestimmt hebt sich der Rumpf des Vivale bei der Beschleunigung aus dem Wasser, ohne Spritzwasser gleitet es dahin und hinterlässt eine kompakte Gischt. Im Wasser fühlen sich schon 50 km/h viel schneller an als auf der Strasse – ein einzigartiger Fahrgenuss. Und hier zeigt sich Pedrazzinis ausgeklügelte Technik. Selbst in engen Kurven entsteht kein Spritzwasser, man reitet nicht, man gleitet über das Wasser.
Ich versuche Claudio Pedrazzini ein paar Anekdoten zu entlocken. «Kleine Erlebnisse gibt es immer», sagt er. «Aber ein bestimmtes fällt mir im Moment nicht ein.» Es dürften zuviele sein, um sich alle zu merken. Dafür wird er nicht müde, mich mit technischen Fakten dieses Luxusgefährts zu beeindrucken. Geschafft hat er dies längst. Ich bin überzeugt – mein Kontostand lässt aber diese Anschaffung nicht zu. Ein Pedrazzini kostet zwischen 340'000 und 700'000 Franken, je nach Extrawünschen kann es auch mehr sein.
(veröffentlicht im NO. ONE Magazin)