Schöne neue Handywelt
Die Technologie ist teilweise schon vorhanden. Ideen auch. Welche Möglichkeiten und Gefahren bringt uns die Handyzukunft?
Die Zeiten, in denen Handys nur dem Telefonieren dienten, sind endgültig vorbei. Agendas, MMS und Fotoalben sind schon länger Standardtools. Der eingebaute MP3-Player wird sich in den nächsten Monaten dazugesellen. Damit dieser auch Freude bereitet, ist allerdings noch etwas mehr Speicherplatz nötig. Dieser kann auch aus Wechselmedien wie z.B. einem Stick bestehen. Solche Geräte sind bereits im Handel. Neben Ton, hat auch das bewegte Bild Einzug ins Mobiltelefon gehalten. Filme lassen sich mit der eingebauten Kamera aufzeichnen und auf dem Gerät bearbeiten und schliesslich wieder ausgeben. UMTS sei Dank werden sie dann auch versendbar. UMTS ermöglicht neben der Videotelefonie auch den TV-Empfang und einen schnelleren Zugang zum Internet. Und welche Möglichkeiten sich via Internet eröffnen, braucht wohl nicht aufgezählt zu werden.
Technisch ist vieles bereits heute machbar.
Allein durch das Nutzen von SMS gibt es sinnvolle Anwendungen: z.B. im Bereich Ticketing. Ein Ticket für ein Konzert, ein Skigebiet oder einfach für eine Bahnfahrt kann per SMS bestellt werden, wird als solche übermittelt und auf der Telefonrechnung belastet. Die Kontrolle funktioniert natürlich auch mittels Handy. Auch diese Funktion ist – auch wenn noch nicht breit – bereits Realität. Das persönliche Handy könnte auch als elektronischer Ausweis dienen und so sämtliche Papier- und Kartenausweise, Bank- oder Kreditkarten ersetzen. Dazu notwendig ist lediglich eine digitale Zertifizierung und evtl. ein PIN-Code, um Missbrauch durch Diebe zu unterbinden.
Das Handy als persönliches Werkzeug zur Bedienung seiner Umwelt bietet sich geradezu an. Anstatt mehrere Fernbedienungen herumliegen zu lassen, genügt das Handy. Damit steuert man TV, Musikanlage, Sonnenschutz, Kaffeemaschine usw. Unterwegs dient es als Navigator – auch für Fussgänger und, um anzuknüpfen an die Kreditkartenfunktion, kann es auch als Zahlungsmittel das gesamte Bargeld dereinst ersetzen. Wie? Z.B. durch hinhalten an der Kasse im Supermarkt. Der Digitalcode wird erfasst und der zu bezahlende Betrag sogleich dem Konto oder je nach Kreditkartenvetrag der Kreditkarte oder auch der Telefonrechnung, die immer mehr auch die Funktion einer Kreditkarte übernehmen wird, belastet.
Das Ganze hat eine Schattenseite
Der Mensch wird gläsern – durchsichtig. Sein ganzer Alltag, seine Ausgaben, sein Kommunikationsverhalten – ja seine ganze Lebensweise lässt sich durch das Auswerten der gesammelten Daten rekonstruieren. Es wird denn auch die vordringlichste Aufgabe der Datenschützer sein, dieses zu verhindern, denn für die Werbebranche sind solche Daten das wertvollste Gut. Je nach Vorlieben kann der Mensch individuell mit Werbung bombardiert werden. Die Werbung könnte es auch sein, welche künftig all die neuen Dienste finanziert. Gratis telefonieren mit Unterbrecherwerbung ist nur eine Idee, die bereits heute in den Köpfen der Konzepter herumgeistert.
Die Miniaturisierung wird Grenzen erreichen. Eine Grenze, die schon erreicht ist, stellen die Schnittstellen zum Menschen dar. Tasten müssen bedienbar sein, ein Display braucht eine gewisse Grösse – wer sieht schon gerne Spielfilme auf 3 mal 4 cm an und das Mitführen soll bequem sein, sprich: Niemand wünscht sich einen Klotz am Bein. In den Labors gibt es zwar roll- und faltbare Displays, wie alltagstauglich und praktisch sie im Gebrauch sein werden, steht jedoch auf einem anderen Stern.
Die Konsumenten bestimmen zu einem grossen Teil, was die Zukunft bringen wird. Videotelefonie ist schon seit längerem möglich und wird auch angeboten, via Internet und seit kurzem auch auf UMTS-Handys. Einem echten Bedürfnis entspricht diese allerdings nicht. Wer frisiert sich schon gerne jedes Mal, bevor er ein Gespräch annimmt. Dasselbe gilt auch für andere Angebote. Fast jedes Handy ist WAP-tauglich. Fast niemand nutzt dies. Das Handling mit 16 kleinen Tasten ist eben nicht unkompliziert. Und solang es ander schneller und bequemer geht…
Nichts desto trotz, die Industrie wird darum bemüht sein, dafür zu sorgen, dass auch in den nächsten Jahren Geld fliessen wird und dass das Handy nicht nur wegen Defekten ausgewechselt werden muss, damit ihre Vorstellung von der schönen neuen Handywelt nicht bloss eine solche bleibt.