HUMAN LEAGUE
Es lebe der Technopop!
Es gibt nicht viele Bands, die den Sprung aus den Achtzigern geschafft haben. DEPECHE MODE ist eine. Eine andere ist HUMAN LEAGUE. 21 Jahre nach ihrer ersten Veröffentlichung klingt die Technopop-Band der ersten Stunde frischer denn je. Soeben ist ihr neues Album «Secrets» erschienen.
«Was, die sind schon so alt!?» So lautet die verblüffende Antwort der meisten, die bereits Gelegenheit hatten, in die aktuelle CD der Briten reinzuhören. HUMAN LEAGUE klingen sehr modern und trendy, als wollten sie auf der aktuellen Retro-Welle mitschwimmen. Von Nostalgie darf dabei aber keine Rede sein.
Ihre bekanntesten Hits sind «Tell me when» (1996), «Human» (1986) und «Don’t you want me» (1982). Letzterer wird immer wieder gerne gecovert. Die neuste Version ist von ALCAZAR. Auch von «Human» gibt es eine neue Version: Von CRAIG DAVID. HUMAN LEAGUE fühlen sich darüber geehrt. Als sie damals, als junge Musiker diesen Ohrwurm schrieben, hätten sie nicht im Traum daran gedacht, wie «Don’t you want me Baby» einschlagen würde.
Sich das «Greatest Hits»-Album von HUMAN LEAGUE anzuhören, ist eine Lektion in Geschichte von Technopop. Darauf angesprochen, fühlt sich HUMAN LEAGUE -Head und Leadsänger PHILIP OAKEY sichtlich geehrt. «Wir sind glücklich, dass elektronische Musik den Leuten immer noch die gleiche Freude bereitet, wie vor zwanzig Jahren.»
Musik ist ihr Beruf. So gilt es auch für Musiker, mit der Zeit zu gehen und Neues auszuprobieren. Der Spass an der Arbeit treibt das Trio vorwärts. Und wie auf dem neuen Album zu hören ist, klingen HUMAN LEAGUE keineswegs verstaubt, im Gegenteil. Die Symbiose aus dem typischen HUMAN-LEAGUE-Techopop der ’80ies mit aktuellem Dancefloorsound schafft neue Horizonte. Dies ist schon beim Opener «All I ever wanted» deutlich hörbar. «Secrets» lebt von eingängigen Popmelodien, die sich mit experimentierfreudigen, teils sphärischen Instrumentals abwechseln. Fast jeder Song hätte das Potential zu einer Histsingle. Die im Vergleich zu früher einfachere Arbeitsweise schafft Platz für Kreativität. «Es war früher richtig hart, etwas auf die Beine zu bringen. Von einem elektronischen Instrument etwas auf zu nehmen erforderte viel Geduld und Nerven, weil du mehrere Stufen zu bewältigen hattest. Nur um den Bass aufzunehmen brauchte man damals einen ganzen Tag! Heute ist alles viel einfacher und professioneller. Die elektronischen Geräte sind so gebaut, dass man keinen Fehler mehr machen kann,» schwärmt OAKEY. Die Umsetzung von Ideen wird durch die Sampling-Technik vereinfacht und diese Einfachheit lädt auch zu vermehrter Experimentierfreudigkeit ein. «Was heute aber fehlt ist das Knistern wie auf den Platten.»
Angesprochen auf ihre vielen Vorbilder, zählt PHIL OAKEY mit KRAFTWERK und JEAN MICHEL JARRE etwa die selben auf, wie alle Synthesizer-Bands der Early-’80ies (OMD, DEPECHE MODE usw.). KRAFTWERK haben 1974 mit «Autobahn» den ersten rein elektronisch produzierten Hit gelandet. Diese Scheibe und die folgende, «Trans-Europa-Express», waren wegweisend für die gesamte Entwicklung des heutigen Techno inklusive HipHop und schliesslich der gesamten Popmusik. Inspiriert wurden die jungen HUMAN LEAGUE auch durch ROXY MUSIC und DAVID BOWIE, welche auch früh mit Synthesizern arbeiteten.
Inhaltlich stellen HUMAN LEAGUE keine allzu hohen Ansprüche an ihre Texte. Während sie früher in Songs wie «Being Boiled» oder «The Lebanon» politische Themen streiften, sind diese heute sekundär. «Es ist sehr schwierig, in der heutigen Zeit etwas über Politik zu schreiben, denn alles ist sehr kurzlebend,» meint OAKEY. «Wir sind eine Pop-Band und brauchen nicht in die Politik zu gehen.» So kommt ihm spontan auch keine Antwort in den Sinn, als wir ihn nach der Message von HUMAN LEAGUE fragen. «Message?» OAKEY lacht und sagt: «Gebt uns eine Chance und denkt nicht, dass wir als eine alte Gruppe die nichts Neues mehr bringen kann. Wir sind immer noch so frisch wir vor 20 Jahren!»
Wann sie auf Tour gehen, steht noch nicht sicher fest. Der Aufwand sei nicht zu unterschätzen, eine prefekte Show aufzubauen. Vorerst sind HUMAN LEAGUE unterwegs, um die Werbetrommel für ihr neues Meisterwek «Secrets» und die erste Single «All I ever wanted» zu rühren.
Ein Stück Musikgeschichte
HUMAN LEAGUE sind seit 1977 im grossen Geschäft und seither regelmässig in den Charts. Sie standen stets im Schatten anderer, zum Teil längst vergessener Zeitgenossen. Ihr Welthit «Don’t you want me» (Nr. 1 in UK und USA) aus dem Jahre 1982 überstrahlt, völlig zu unrecht, das restliche Repertoire. TREND empfiehlt euch neben der aktuellen CD «Secrets», auch einmal in ältere Alben der Band reinzuhören. Es sind diverse Best-of’s im Handel erhältlich.
So z.B. «Greatest Hits» (EMI) aus dem Jahre 1995. Sie beinhaltet sämtliche Hits sowie einen zeitgemässen Remix von «Don’t you want me».
In Insiderkreisen gilt das HUMAN LEAGUE-Frühwerk «Travelogue» als Meisterwerk und seiner Zeit voraus. Die Verkaufszahlen waren aber eher mässig. Kurz nach der Veröffentlichung splittete sich die Band aus Sheffield entzwei, zu beidseitigem Vorteil, wie sich herausstellen sollte. CRAIG MARSH und MARTYN WARE machten als HEAVEN 17 weiter. Ihr funky-grooviger Sound gilt rückblickend als Vorläufer der House-Music. Hits wie «Temptation» und «Crushed by the wheels of industry» gehören in jede gut sortierte Plattensammlung. Parallel zu HEAVEN 17 arbeitet PHILIP OAKEY fortan mit zwei Damen an seiner Seite und wechselnden Partnern im Studio mit dem Namen HUMAN LEAGUE weiter. Nach über etlichen Top-Ten-Hits bis 1990 flachte die Erfolgskurve etwas ab. Doch unerwartet landete HUMAN LEAGUE 1996 mit «Tell me when» wieder einen Topseller.
Wenn man die einzelnen Songs auf «Secrets» (Musikvertrieb) als leicht verdaulich bezeichnet, ist dies durchaus nicht negativ gemeint. Die klassisch simplen Melodien bleiben nach dreimaligem Hören kleben und die Texte sind leicht zugänglich. Den Anspruch. Popmusic zu machen, erfüllt HUMAN LEAGUE. Mehr muss es nicht sein. Die Musik vermittelt ein positives Gefühl und macht Freude.
Album: "Secrets" (Musikvertrieb)
www.humanleague.co.uk