MIKE OLDFIELD: "Music for the Spheres"
Zur Klassik gefunden
Den Durchbruch mit dem Kunstrock-Meisterwerk «Tubular Bells» 1973 geschafft, sich mit 1983 mit «Moonlight Shadow» in die Popcharts katapultiert, ab den 1990ern dem Ambient und auch dem Techno zugewendet, hat MIKE OLDFIELD nun zur klassischen, orchestralen Musik gefunden.
(Foto: Foto: Francesca Foley)
Wer in einer Welt von Hektik und Betriebsamkeit nach Musik zum Abschalten sucht, könnte in klassischer Musik fündig werden. Und MIKE OLDFLED bietet mit seinem neuen Album «Music fort he Spheres», das er eigentlich Opus 24 nennen wollte, für Leute mit Berührungsangst nun den Einstieg in die Welt der Symphonien.
Nach den letzten Alben wurde OLDFIELD von seiner Fangemeinde zusehends mit Häme überschüttet. Er produzierte rein elektronisch, hatte erst gerade das Produktionsprogramm «Logic» entdeckt – und so klang seine Musik auch – eigentlich schlecht. In Fanforen wurde die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, der Meister würde dereinst doch wieder einmal ein Meisterwerk liefern.
Sein analoges Studio inzwischen abgebaut, die Geräte verkauft, blieb Herrn OLDFIELD nicht anderes übrig, wenn er denn wieder mit echten Instrumenten arbeiten will, ein klassisches Orchester hinzuzuziehen. Sein neues Album produzierte er zwar wiederum vorerst elektronisch, diesmal aber nur als Grundlage für die nun anstehende akustische Umsetzung, zusammen Orchesterarrangeur und Dirigent KARL JERKINS, dem weltbekannten Pianisten LANG LANG und der Sängerin HAYLEY WESTENRA. OLDFIELD selber begnügt sich dabei mit der Rolle des Gitarristen. Am 7. März 2008 wurde «Music fort he Spheres» in Bilbao mit hierfür zusammengestellten SINFONIA SFERA ORCHESTRA uraufgeführt.
Ohne Zweifel. Mit «Music for the Spheres» liefert der Meister sein bestes Werk seit «Amarok» (1989) ab. Obwohl klassisch arrangiert, ist es ein typischer OLDFIELD-Opus, der am Stück gehört werden will, dessen Trackunterteilung lediglich ein unnötiger Kompromiss für das 4-min-Häppchen-Publikum darstellt. OLDFIELD bringt es fertig süssliche Meldien zu schreiben, ohne dabei peinlich zu wirken. Seine Stilbreite ist einzigartig. Sie reicht von Folk, über Kunstrock, Pop, Ambient, Dance (mit DJ PIPPI auf «Millennium Bell») bis nun zu Klassik.
Das neue Album von MIKE OLDFIELD, das – wohl nicht unbeabsichtigt – in Ansätzen an seinen Erstling erinnert, ist nur eine weitere Pioniertat des britischen Musikers in einer Reihe verschiedenster Innovationen. 1973 schrieb der damalige Teenie sein Erstlingswerk «Tubular Bells» und spielte es in Eigenregie mit allen Instrumenten selber ein. «Opus 1», wie er es gerne genannt hätte, verkaufte sich bis heute 16 Millionen Mal und legte sogleich auch das Fundament für RICHARD BRANSONs VIRGIN-Label. Als erster setzte OLDFIELD 1986 ein ganzes Album als computeranimierter «Videoclip» um. Als erster presste er 1993 ein Game auf sein Album mit drauf. Als erster schuf er ein interaktives Onlinegame, dessen Soundtrack der Spieler steuern konnte. Auf «Lights & Shade» legte er die Spuren offen, damit man sie neu mixen konnte auch als erster setzte er eine synthetische Stimme als «Leadsänger» ein.
Seine Karriere startete MIKE OLDFIELD mit bis zu 50 Minuten langen Suiten, die lediglich durchs Vinyl umdrehen unterbrochen waren. Seine grösste Popularität erreichte er 1983 mit seinem Riesenhit «Moonlight Shadow». In der Folge setzte er vermehrt, auch auf Druck der Plattenfirma VIRGIN, auf Singles. Dies widerstrebte dem Anhänger langer Werke zusehends, so dass er geheime Protestbotschaften wie «Fuck BRANSON» in seiner Werke einbaute («Amarok»). Als dann sein verhasster Knebelvetrag mit VIRGIN 1992 auslief, verschob OLDIELD sein Schaffen vermehrt in Richtung Ambient und Chillout – leider teilweise bis zur Belanglosigkeit. Diese Durstrecke für Hardcorefans – wie ich einer bin – ist mit dem Meisterwerk «Music for the Spheres» nun zu Ende.
Album: «Music for the Spheres» (Universal Classic)
www.mikeoldfield.com