ULTRAVOX
Melodienquelle der DJs
1980 bis 1985 schaffte die britische Popband Hit um Hit in die europäischen Charts. Dann wurde es ruhig. «Hymn», «The Voice» oder «Dancing With Tears In My Eyes» lebten jedoch in Covers von zahlreichen Dance-Acts und DJs – von MUSIC INSTRUCTOR bis DISCO BOYS, weiter. Nach 28 Jahren erscheint mit «Brillant» endlich wieder einmal ein Studioalbum von ULTRAVOX in «Originalbesetzung».
Wobei «Originalbesetzung» nicht ganz richtig ist. Die Band hatte in der Formation um Sänger MIDGE URE ihre grössten Hits und somit die grösste Popularität. In den Jahren davor, 1973 bis 1979, spielten ULTRAVOX Punk, Wave und Experimentelles mit bescheidenem Erfolg. Erst mit dem Eintritt UREs und dem Album «Vienna» kam der grosse Durchbruch. Das Kapital für den Neustart verdienten MIDGE URE und BILLY CURRIE, der verblieben Kopf der Band mit ihrem Side-Projekt VISAGE, dessen Hit «Fade to Grey» gerade in allen Clubs gefeiert wurde (und inzwischen auch oft gecovert wurde).
Eingängige bis epische Melodien, Synthesizer als Ergänzung zu E-Gitarren und die E-Violine von BILLY CURRIE prägten den atmosphärischen Sound der britischen Band. ULTRAVOX waren mit stilprägend für die New-Romantic-Welle, die auch Bands wie DURAN DURAN hervorbrachte. Vier Studioalben, zwei Tourneen und ein Livealbum lang hielt die Besetzung MIDGE URE, CHRIS CROSS, BILLY CURRIE und WARREN CANN bis zuerst CANN und ein Album später URE die Band verliessen. 1986 startete MIDGE URE seine ebenfalls äusserst erfolgreiche Solokarriere. Anfang der Neunziger versuchte BILLY CURRIE mit zwei Alben in wechselnden Besetzungen den Namen ULTRAVOX am Leben zu erhalten – ohne Erfolg.
2009 taten sich die URE, CROSS, CURRIE und CANN wieder zusammen für ein paar Reunion-Konzerte. Daraus wurde dann die ausgedehnte, ausverkaufte Tour «Return tu Eden», welche ULTRAVOX 2010 auch nach Zürich führte. Offenbar durch den Erfolg dieser Tour beflügelt, ging das Quartett wieder ins Studio. Das Ergebnis ist «Brillant» – offiziell Album Nr. 11 von ULTRAVOX bzw. Nr. 5 für die Fans dieser Besetzung. Die 12 neuen Songs sind so, wie ULTRAVOX für Fans heute sein muss – wie man sie kennt und doch weiter entwickelt – als wären sie nie weg gewesen. UREs Stimme klingt älter, aber immer noch mit nettem schottischem Akzent. Als Hörer spürt man, dass hier mit viel Freude und Hingabe gearbeitet wurde – «Brillant» ist brillant», mit schönen Melodien, die vielleicht von Dancemusic-Produzenten in 20 Jahren auch geklaut und entstellt werden, so wie das seit den 1990ern mit den ULTRAVOX-Hits der '80er gemacht wurde. Übrigens: Für den Herbst ist eine Tour angekündigt.
Zurück zu ihrem Sound gefunden
Es war ein Fest für Midlifer. ULTRAVOX mit dem geadelten Frontmann Sir MIDGE URE liessen den guten alten Saal mit einem Sound vibrieren, der die Jugend dieser Generation mitprägte. Und diese feierte ihre Helden von damals.
Am 1. November 2012 kamen ULTRAVOX nach zwei Jahren erneut nach Zürich, diesmal ins beschauliche KAUFLKEUTEN, weshalb von gemütlicher Clubatmosphäre gesprochen werden kann. Obwohl die Tour nach ihrem neuen Album «Brillant» benannt ist, spielte die Band lediglich vier Songs daraus – es kann also von einem Best-of-Set gesprochen werden. Und es kam alles: «Hymn», «Dancing With Tears In My Eyes», der Song über eine AKW-Katastrophe, und natürlich das virtuose «Vienna».
Die Spielfreude war den vier Herren, alle so um die 60, anzusehen und dieser Funke sprang schon gleich zu Beginn aufs Publikum, die meisten so zwischen 40 und 50. Das wesentlich jüngere Barpersonal, das von dieser Band wohl noch nie etwas gehört hat, staunte nur darüber, wie auch ältere mitmachen und ausflippen können.
Für den Fan war jeder Song ein Höhepunkt. Besondere Erwähnung verdienen die Violinen-Einlagen von Keyboarder BILLY CURRY z.B. im kraftvollen Instrumentalstück «Astradyne» oder die düstere Stimmung mit dem Sprechgesang von Drummer WARREN CANN in «Mr. X».
Die Bühne war ausgestattet mit viel Licht und einer Videoleinwand, auf welcher zu den Songs passende Visuals eingespielt wurden. Grosszügig waren die Platzverhältnisse nicht. Doch gerade dies machte es aus. Sänger MIDGE URE, mit schwarzem Hemd und weinroter Kravatte, wechselte mehrfach die Position von der Front zu seinem Keyboardplatz neben Bassist CHRIS CROSS. Diesen brauchte er z.B., als er «Good old britisch electrosound» ankündigte und dann zu «Sleepwalk» anstimmte.
ULTRAVOX hatten ihre Blütezeit in den Jahren 1980 bis 1984. Fast alle Singles schossen nach oben in den Charts. Davor – noch ohne URE – stand ULTRAVOX für Punkwave, danach folgte nach dem Album «U-Vox», ohne WARREN CANN, die Trennung. Zwar spielte BILLY CURRIE mit drei wechselnden Ersatzleuten als ULTRAVOX weiter, aber mit mässigem Erfolg. 2008 fand man wieder zusammen für eine Reunion-Tour und entschloss sich darauf spontan, wieder ein Album einzuspielen. «Brillant», so sein Titel, transferiert den typischen ULTRAVOX-Sound und die melodienreichen New-Romantic-Songstrukturen und -melodien gekonnt in die aktuelle Zeit.
Wer ULTRAVOX live erlebte, kann sich kaum vorstellen, dass sich einzelne Mitglieder von ihrer Trennung 1986 bis 2008 nie mehr gesehen haben. Das Kollektiv funktionierte. Jeder einzelne schien den Auftritt und das Feedback der Fans zu geniessen. So spielten sie nach vorbildlichem extrem pünktlichem Start um 20 Uhr bis 22:30 durch. Das Publikum dankte dies mit lautem Applaus und einem Sturm auf den Merchandising-Stand.
Die Alben von ULTRAVOX seit 1980
«Vienna» (1980, EMI)
Der Klassiker. Die Ballade «Vienna» kennt fast jedes Ohr. Das Instrumental «Astradyne» ist eines der virtuosesten, tanzbaren Popstücke, das es gibt.
«Rage in Eden» (1981, EMI)
Von Fans hochgeachtet. Nicht alle Stücke sind leicht zugänglich. Mit dem Hit «The Voice».
«Quartet» (1982, EMI)
Mit dem Megahit «Hymn». «Reap The Wild Wind» bleibt einzige Single, die es in die US-Charts schaffte.
«Lament» (1984, EMI)
Das künstlerisch beste Album. «Dancing With Tears In My Eyes» läuft an fast jeder '80ies-Party. Traurig visionär: In «White China» wird der 1999 erfolgende Wechsel von Hong Kong zu China thematisiert.
«U-Vox» (1986, EMI)
Ohne WARREN CANN. Mit echten Bläsern, einem Orchester und Folk-Elementen .
Alle diese frühen Alben wurden inzwischen remastered und mit vielen Remixes und Rareties ergänzt.
«Ingenuity» (1993, Intercord / MV)
Ausser BILLY CURRIE sind alle Musiker neu in der Band – trotzdem wird die Platte von Fans angenommen.
«Brillant» (2012, EMI)
Erstes Album seit 1984 in «Originalbesetzung».