GIANNA NANNINI: "Hitalia"
Italienisches Recycling
Irgendwann im Leben eines erflogreichen Sängers oder einer Sängerin widmet man sich einem Tribut- oder einem Remake-Projekt. Die einen singen ihre alten Songs neu ein, andere machen Akustikalben, wieder andere ehren ihre Vorbilder usw. Nun ist auch GIANNA NANNINI an diesem Punkt angelangt: "Hitalia" nennt sie ihr neues Album, auf welchem sie grosse Hits ihrer Heimat neu interpretiert.
Ihren Druchbruch schaffte sie als laute, querdenkende und unbequeme Rockröhre zu Beginn der 1980er mit dem legendären Album "California". Mit Ausdrücken wie "legendär" sollte eigentlich haushälterisch umgegangen werden. Auf "California" torpedierte GIANNA NANNINI jedoch die italienischen christlich bürgelrichen Werte in einer bisher noch nie dagewesenen Weise, so dass ihr Name fortan allen bekannt war. Sie wurde zum Sprachroh einer jungen, rebellischen Generation.
35 Jahre später ist die Musik der inzwischen 60jährigen nicht nur angepasster – sie huldigt gar einige grosse Hits aus Italiens glorreicher Canzoni-History, indem sie denen ihre unverwechselbare Reibeisenstimme leiht, alles Lieder, von denen die junge GIANNA wohl die Hände gelassen hätte. Und das kommt ganz gut.
Die Songliste führt auf eine grosse Reise durch Italiens Liedgut der Neuzeit: "O sole mio" von MASSIMO RANIERI, "Il cielo in una stanza" von GINIO PAOLI, "Mamma", das man im deutschen Sprachraum vom holländischen Kinderstar HEINTJE kennt, "Dedicato" von LOREDANA BERTÉ, "La canzone di Marinella" von FABRIZIO DE ANDRÉ, das allseits bekannte "Volare" von DOMENICO MODUGNO oder "Lontano dagli occhi" von SERGIO ENDRIGO, welcher als erste Radiosingle bestimmt wurde.
Im Vorfeld habe ich befürchtet, NANNINI würde nun weiter in die austauschbare Langeweile absinken. Unberechtigt war dies nicht, in Anbetracht der teilweise balladesken Originale und GIANNAs eher introvertierten, ruhigen letzten Alben. Zum Glück wurde sie nun aber wieder etwas lauter, die Gitarren krachen in einzelnen Songs wieder mehr und das ist schliesslich das, was man zusammen mit ihrem Organ von ihr hören möchte. Und wenn's denn doch mal etwas bedächtig zu und her gehen soll, wie in "Caruso" von LUCIO DALLA, dann untermalt Miss Kratzstimme den Song mit einem wunderschönen Streicherteppich und sanften Beats und schafft damit den für mich besten Songs der Platte.
Album: "Hitalia" (Sony)
www.giannanannini.com